CV7: Kyrills Rede über den rechten Glauben an Theodosius

Inhalt: Kyrill widmet Kaiser Theodosius II. eine ausführliche Darstellung des rechten Glaubens. Zu diesem Zweck beschreibt er zunächst in knappen Worten die wichtigsten Häresien, die im Reiche umgehen, um sie anschließend zu widerlegen. Während er die meisten dieser Lehren dabei relativ zügig abhandelt, verwendet er viel Zeit darauf, sich mit der zuletzt vorgestellten, einer dyophysiti­schen Lehre, wie sie Nestorius vertritt, auseinanderzusetzen, wobei er seine eigene Auffassung, die er dieser gegenüberstellt, immer wieder vor Fehlinterpretationen zu schützen versucht.

Edition: Collectio Vaticana 7, ACO I,1,1 S. 42–72; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 45–105; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 613–672; Mansi, Bd. 4 Sp. 617–680; PG 76, Sp. 1133–1200; Pusey (1965 [= 1868–1877]), Bd. 7 S. 1–152

Verzeichnisnummern: CPG 5218

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 430

Lat. Übersetzungen:  –

Literatur: van Loon (2009), S. 419–433

(31) Sollen wir den Immanuel nun also als Menschen verehren? Bloß nicht! Denn
das ist Geschwätz, Täuschung und Irrung, und wir würden uns in keiner Hinsicht von
jenen unterscheiden, die der Schöpfung dienen anstelle des Schöpfers oder Erschaf­
fers, „die alle die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht haben“, wie geschrieben
steht.
Wenn wir denen brüderlich gesinnt wären, würden auch wir in jedem Fall mit
ihnen hören: „Obwohl sie behaupteten, weise zu sein, machten sie sich zu Narren und
tauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes gegen ein Bildnis, das einem
vergänglichen Menschen, Vögeln, Vierfüßern oder Kriechtieren nachempfunden ist.“
 
Oder werden nicht etwa auch wir selbst den Erwähnten gleich handeln und denken,
wenn wir die Herrlichkeit Gottes mit der Lüge vertauschen, mit einem Abbild, das
einem vergänglichen Menschen nachempfunden ist, wenn wir dem Immanuel die Ver­
ehrung wie einem bloßen Menschen und einem der Unsrigen zukommen lassen?

Wie nun? Würde dann nicht auch die himmlische Schar der Engel selbst jenen an
die Seite gestellt werden,
die sich zu solchem Wahnwitz verstiegen haben? Eine unaus­
weichliche Anklage wegen Verirrung werden wir, glaube ich, auch der Herde der Völ­
ker anhängen, und sie wird einen kaum wieder gutzumachenden Schaden aus den alten
Anschuldigungen davontragen. Denn sie irrt meiner Meinung nach auch nun noch
und um nichts weniger als früher und kennt den geradeaus führenden Weg nicht. Der
selige Paulus ist, wie es scheint, entbehrlich, wenn er ihnen zuruft und sagt: „Doch
damals dientet ihr, weil ihr Gott nicht kanntet, jenen, die von Natur aus keine Götter
waren. Nun aber, da ihr Gott kennt, vielmehr von Gott erkannt worden seid, warum
wendet ihr euch wieder den kraftlosen und ärmlichen Elementen zu, denen ihr wieder
von Neuem dienen wollt?“
Denn welchen Gott kennen sie noch, wenn Christus, an
den sie geglaubt haben, nicht der Natur nach Gott ist? Und wenn sie einem Menschen
gedient haben, bleiben sie in den Schlingen des alten Irrtums verfangen. Ist es etwa
nicht wahr, was ich sage? Natürlich ist es wahr.

Siehe nun zu, mein christusliebender Kaiser, wie wir beinahe schon allein aus zwin­
genden Schlussfolgerungen heraus dazu gebracht werden, den aus Gott, dem Vater,
entstandenen Logos, auch wenn er in einer Gestalt wie der unseren erschienen ist, ver­
nünftigerweise als naturgemäßen Gott verehren zu müssen, weil der Zusammenschluss
beider [Aspekte] zu einer Einung völlig ausreicht, es vielleicht aus der Welt zu schaf­
fen, dass uns zuweilen der Verdacht bloßer Menschheit betrübt. Denn wenn die Natur
des Logos das Menschliche annimmt, wird sie nicht schlichte Menschheit sein. Da sie
vielmehr durch ihre eigene Herrlichkeit das Angenommene überwindet, bleibt sie in
unbewegtem Fortbestand gottgeziemender Überlegenheit erhalten. Weil sie solches im
Sinn hatten, verehrten die Jünger [ihn] und sagten: „Du bist wahrlich Gottes Sohn“, 
obwohl sie ihn auf Füßen gehen und in einem Fleische wie dem unseren sahen. Als
Gott lief er nämlich wunderbarerweise auf dem Wellenkamm.

31 | 1 Sollen … verehren]

In De incarnatione dem B-Sprecher zugeordnet.

31 | 3–5 die … steht]

Vgl. Röm 1,25.

31 | 6–8 Obwohl … ist]

Röm 1,22f.

31 | 13–14 Würde … werden]
31 | 19–23 Doch … wollt]

Gal 4,8f.

31 | 27 Siehe … zu]

Diese Anweisung ist in De incarnatione an den B-Sprecher statt an den Kaiser gerichtet.

31 | 36 Du … Sohn]

Mt 14,33.

31 | 37–38 Als … Wellenkamm]

Vgl. Mt 14,25f.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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