Über das Projekt

Das binationale Kooperationsprojekt Ulrich Becher Digital soll den Zugang zum Nachlass des Exilschriftstellers Ulrich Becher vereinfachen und ist eine Initiative des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek und des Schweizerischen Literaturarchivs der Schweizerischen Nationalbibliothek. Die technische Umsetzung erfolgt durch das Data Science Lab der Universität Bern.

Lange Zeit galt Ulrich Becher (1910-1990) als „vergessener“ Autor. Seit der Neuauflage seines Hauptwerks „Murmeljagd“ (1969) im Schöffling Verlag 2009 wird sein Werk indes wiederentdeckt und zunehmend erforscht, wie beispielsweise der aus dem Projekt hervorgegangene „text+kritik“-Band zu Ulrich Becher (2025) unterstreicht. Vor allem Ulrich Bechers großer Roman „Murmeljagd“, in dem er die Flucht und das Exil in der ihm eigenen sprachmächtigen, bildreichen und grotesken Art verarbeitet, erfuhr große Resonanz. Daneben wurden zuletzt auch seine „New Yorker Novellen“ und „Das Herz des Hais“ bei Schöffling und Diogenes neu aufgelegt.

Ulrich Bechers Nachlass weist eine verwickelte, für Exilnachlässe indes durchaus typische Überlieferungsgeschichte auf und wird heute sowohl im Deutschen Exilarchiv 1933-1945 (DEA) der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt als auch im Schweizerischen Literaturarchiv (SLA) der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern jeweils als Teilnachlass aufbewahrt.

In den Beständen beider Archive befinden sich Korrespondenzen, Lebensdokumente, Manuskripte seiner Gedichte, Romane und Theaterstücke, Bilddokumente sowie Zeichnungen Ulrich Bechers. Inhaltlich sind beide Teilnachlässe bis in die einzelnen Korrespondenzen und Fassungen der Manuskripte hinein miteinander verwoben. Für die Forschung bedeutet dieser Umstand, dass Wissenschaftler*innen beide Bestände konsultieren müssen, wenn sie fundierte Aussagen zu Bechers Biografie und Werk treffen möchten.

Das hohe Forschungsinteresse und der Wunsch nach nutzerfreundlicher Bereitstellung der beiden Teilnachlässe führten zu einem gemeinsamen Projekt beider Archive. Aufbauend auf den bereits vorhandenen Erschließungsergebnissen wurden die Teilbestände zwischen 2019-2021 tiefergehend nach dem internationalen Regelwerk der „Ressourcenerschließung mit Normdaten in Archiven und Bibliotheken“ (RNAB) erschlossen. Die granularere Erschließung zielte darauf ab, die Bestände perspektivisch digital zusammenzuführen und für die Wissenschaft wie auch für die Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen.

Einen wichtigen Meilenstein der Kooperation bildete die im virtuellen Museum Künste im Exil gemeinsam kuratierte Sonderausstellung zu Ulrich Becher, die Mitte Mai 2021 freigeschaltet wurde.

Die virtuelle Zusammenführung beider Teilnachlässe basiert auf einer gemeinsamen Marktschau (2022) zu bislang umgesetzten technischen Beispiellösungen. Als ein zentrales Ergebnis kristallisierte sich heraus, dass im Rahmen eines Vorprojektes ein Prototyp realisiert werden sollte, um das Potential von Ulrich Becher digital anschaulich darzustellen. Folgende Anforderungen sollten dabei im Fokus stehen.

  1. Verknüpfung der normierten Metadaten aus den beiden Teilnachlässen und Datenbanken
  2. Modellierung und Auswertung der Metadaten in Form von georeferenzierten und navigierbaren Karten- und/oder Netzwerkdarstellungen, die Entstehungsorte von Werken, Fluchtrouten und Korrespondenzwege Bechers nachzeichnen
  3. Präsentation von Digitalisaten aus sämtlichen Nachlassbereichen und deren nutzerfreundliche Vermittlung
  4. KI-basierte Visualisierungsoptionen (z.B. Ähnlichkeitssuche)
  5. Citizen Science Tools (Transkription, Annotation)

Parallel hierzu wurde die Digitalisierung beider Teilnachlässe zwischen 2023 und 2024 realisiert. Mit dem hier vorliegenden Prototyp ist ein erster Schritt getan, um eine differenzierte und effiziente Forschung zu Leben und Werk Ulrich Bechers zu ermöglichen.

Impressum

Ulrich Becher Digital ist ein gemeinsam entwickeltes und verantwortetes Kooperationsprojekt des Deutschen Exilarchivs 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek und des Schweizerischen Literaturarchivs der Schweizerischen Nationalbibliothek.

Projektverantwortliche: Dr. Sylvia Asmus (Leiterin des Deutschen Exilarchivs 1933-1945), Dr. Jörn Hasenclever (DEA), Dr. Rudolf Probst (SLA), Dr. Moritz Wagner (SLA).

Technische Entwicklung/Programmierung: Peter Dängeli und Sebastian Flick (Data Science Lab, Universität Bern).

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Ein Prototyp des Deutschen Exilarchivs (DEA) und des Schweizerischen Literarurarchivs (SLA)

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