(17) „Jesus rief aber mit lauter Stimme: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du
mich verlassen?‘“ Sagen wir nun also, dass der aus Gott, dem Vater, [gezeugte] Logos
auch selbst die Hilfe von oben erbeten hat? Wie aber wäre das nicht vollkommen ein‐
fältig? Er herrscht schließlich zusammen mit Gott, dem Vater, über das All und festigt
die Himmel mit seinem eigenen Geist.Er wird Herr der Heerscharen genannt und ist
es wahrhaftig. ‚Aber er war doch schwach gegenüber den Nachstellungen seitens der
Juden, und die Hand derer, die die Kreuzigung vollzogen, war für ihn nicht zu über‐
winden.‘ Gleichwohl sagt der Prophet Jesaja: „Wenn alle Völker angesehen worden
sind wie ein Tropfen vom Fass und wie ein Ausschlag einer Waage und künftig als
Speichel betrachtet werden, mit wem habt ihr [dann] den Herrn verglichen und mit
welchem Gleichnis habt ihr ihn verglichen?“ Man muss aber bedenken, dass die Die‐
ner der jüdischen Synagoge anwesend waren, die eine Kohorte von Soldaten bei sich
hatten und den Verräter als Führer. Als sie aber versuchten, ihn festzunehmen, ging er
[auf sie] zu und sagte: „Wen sucht ihr?“ Die aber sagten darauf: „Jesus, den Nazare‐
ner.“ Da [sagte] der Retter zu ihnen: „Ich bin es.“ Und ‚sie wichen zurück und fielen
zu Boden‘. Wie könnte denn derjenige, der mit nur einer Äußerung die Schwachheit
jener, die [ihm] nachstellten, bewiesen hat, schwach gewesen sein?
Was will er nun also, wenn er ruft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?“ Wir sagen daher, dass, da der Vorvater Adam das ihm gegebene Gebot mit
Füßen getreten und die göttlichen Gesetze missachtet hat, die Natur des Menschen in
gewisser Weise von Gott verlassen worden und deswegen sowohl verflucht als auch
dem Tod unterworfen ist. Doch nachdem der einziggeborene Logos Gottes auf der Er‐
de geweilt hatte, um das, was gelitten hat, zur Unvergänglichkeit umzuwandeln, und
die Nachkommenschaft Abrahams angenommen hatte und den Brüdern gleich ge‐
worden war, musste der Zustand der Verlassenheit, den die Natur des Menschen am
Anfang auf sich genommen hatte, zusammen mit jenem alten Fluch und dem auferleg‐
ten Verderben aufhören. Als wäre er also einer der Verlassenen, insofern er auch selbst
auf gleiche Weise wie wir Anteil an Blut und Fleisch hatte, sagt er den Satz: „Warum
hast du mich verlassen?“, der doch zu dem gehörte, der den Zustand der Verlassenheit,
der uns getroffen hat, klar erkennbar aufhob und den Vater gleichsam um seiner selbst
willen beschämte und zum Wohlwollen aufrief, welches sich auf uns wie auf ihn selbst
als Ersten bezieht. Christus ist uns nämlich zum Ursprung und fürsorglichen Vermitt‐
ler eines jeden Gutes geworden, so dass er, auch wenn man sagen könnte, er habe vom
Vater etwas auf menschliche Weise angenommen, dies unserer Natur vermittelt hat, da
er als Gott selbst erfüllt und in keiner Weise irgendeiner Sache bedürftig ist.