CV149: Kyrills Rede an die Augustae über den Glauben

Inhalt: Kyrill richtet sich in seinem Schreiben nach seiner Rede ‚Ad dominas‘ (Dok. 40) ein zweites Mal an von ihm als ‚Kaiserinnen‘ angesprochene Adressatinnen, um diese in ihrem rechten Glauben zu bestärken. Zu diesem Zweck führt er, geordnet nach verschiedenen Glaubensfragen, eine Vielzahl von Zitaten aus den neutestamentlichen Schriften an, mehrheitlich solche, die auch eine Interpretation im Sinne einer nestorianischen Christologie zulassen. Diese kommentiert er dann jeweils unmittelbar im Anschluss und deutet sie dabei entsprechend seiner eigenen Position aus, die nachdrücklich die Einheit Christi betont.

Edition: Collectio Vaticana 149, ACO I,1,5 S. 26,2–61,31; ältere Edd.: PG 76, Sp. 1336–1420; Pusey (1965 [= 1868–1877]), Bd. 7 S. 263–333

Verzeichnisnummern: CPG 5220

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 430

Lat. Übersetzungen:  –

Literatur: van Loon (2009), S. 454–474

(23) „Deshalb, heilige Brüder, Teilhaber an der himmlischen Berufung, schaut auf
den Apostel und Hohepriester unseres Bekenntnisses,
auf Jesus, der dem, der ihn er­
nannt hat, treu ist,
wie auch Mose in dessen gesamtem Haus. Denn jener ist im Ver­
gleich mit Mose eines höheren Ruhmes würdig, insofern der Erbauer eines Hauses
höhere Ehre genießt als das Haus. Denn jedes Haus wird von jemandem erbaut, der
Erbauer des Alls aber ist Gott. Und
Mose war zwar in dessen gesamtem Haus als Die­
ner
zuverlässig, Christus aber als Sohn über sein Haus, dessen Haus wir sind.“ Zum
Apostel und Hohepriester unseres Bekenntnisses ist Jesus auf Veranlassung Gottes,
des Vaters, geworden. Das heißt der aus Gott [gezeugte] Logos ist als Mensch erschie­
nen. Zu diesem Zeitpunkt ist er nämlich durch die Stimme des Engels auch Jesus
genannt worden.
Und nur kurze Zeit überhaupt gehörte die Bezeichnung und das Amt
der Priester- und Apostelschaft der Natur des Logos an; sie sind allerdings für die Ma­
ße der Menschheit nicht ungeeignet. Wie er nämlich an einer Stelle selbst sagt: „Der
Sohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein
Leben als Lösegeld für viele zu geben.“ Sich von der Schöpfung dienen
zu lassen, ge­
bührt ihm schließlich sogar vollkommen zu Recht als Gott und Herrscher, der alles,
was entstanden ist, auch unter den Füßen hält.
Dienen ist hingegen menschlich, je­
doch, soweit es die Lehren des mit dem Fleisch verbundenen Heilsplans anbelangt,
wohl nicht ungebührlich für denjenigen, der sich selbst ganz und gar auf das Mensch­
liche hinabgelassen hat.

Betrachte aber, wie er auf menschliche Weise das Priesteramt ausübt und als Mittler
zwischen Gott
und den Menschen eingesetzt ist (schließlich ist jeder Priester als
Mittler tätig), die Art des Opfers aber nicht mehr wie einer der uns entsprechenden
Priester auf eine Knechten geziemende Weise darbringt. Er selbst hat nichts davon, es
zu empfangen. Er führt [es] vielmehr an sich selbst aus und [zwar] sowohl durch sich
als auch in sich für den Vater.
Er verrichtet nämlich den priesterlichen Dienst an unse­
rem Bekenntnis, also am Glauben, welchen wir auch richtigerweise der Gewohnheit
nach formulieren, indem wir sagen: ‚Wir glauben an einen Gott, den Vater, den All­
herrscher, und an einen Herrn Jesus Christus, seinen Sohn, und an den Heiligen
Geist.‘ Wenn also gesagt wird, dass er auf menschliche Weise das Priesteramt ausübe,
nimmt er das Opfer dennoch selbst auf göttliche Weise an, da derselbe zugleich Gott
und Mensch ist. Er wird aber ‚zuverlässig‘ genannt, weil er stets jene retten kann, die
durch ihn zu Gott gelangen.
‚Zuverlässig‘ wird jedoch auch der Vater selbst genannt. 
Er wird aber irgendwie mit dem Dienst des Mose auf menschlicher Ebene verglichen.
Welche Überlegenheit er auf der Ebene des Gott-Seins besitzt, bringt man wohl auch
ohne große Anstrengung in Erfahrung, wenn man bedenkt, dass der eine als Bediens­
teter im Haus zuverlässig ist, der andere als Herrscher über sein eigenes Haus, und
dass des Hauses Erbauer und Schöpfer der Immanuel ist, dessen Haus wir sind. Der
Unterschied zwischen dem Schöpfer und dem, was erschaffen worden ist, ist aber
unermesslich und [ebenso] zwischen dem naturgemäßen Herrscher und dem, was
wahrhaft Knecht ist und in [seiner] Unterordnung wahrgenommen wird.

23 | 1–7 Deshalb … sind]

Hebr 3,1–6.

23 | 2–3 auf … ist‌¹]

Vgl. Jes 17,7.

23 | 6–7 Mose … zuverlässig]

Vgl. Num 12,7.

23 | 6–7 als Die­ner]

Im Anschluss hieran fehlt in der Zitation das die Aufgaben des Dieners definierende εἰς μαρτύριον τῶν λαληθησομένων (vollständig zit. z.B. in CV150,201,1 – 3, ACO I,1,1 S. 20,30–21,4 [Dok. 40]).

23 | 10–11 ist … worden]

Vgl. Mt 1,21.

23 | 13–15 Der … dienen]

Mt 20,28.

23 | 14 Sohn]

Bei Matthäus eigentlich: υἱὸς ἀνθρώπου.

23 | 16–17 der … hält]

Vgl. 1 Kor 15,27; Eph 1,22.

23 | 21–26 Betrachte … Vater]

Kyrill bewegt sich hier mit der Aussage, dass es Christus unter allen Hohepriestern auszeichne, zugleich Spender und Empfänger des Opfers zu sein, er es also im Gegensatz zu den anderen ἑαυτῷ (im Text mit „für sich“ übersetzt) ausführe, in seiner Ausdrucksweise nah an einem gedanklichen Bereich, den er an anderen Stellen klar und deutlich ablehnt oder sogar explizit verdammt. Denn Christus ist für ihn in seiner Freiheit von Sünde, wie vor allem aus seiner Reaktion auf das in Buch III,5 von Contra Nestorium angeführte Exzerpt (vgl. CV166,III,6,44 – 166, ACO I,1,6 S. 73,24–75,33 [Dok. 25]) und aus dem später formulierten zehnten Anathematismus des dritten Briefes an Nestorius (vgl. CV6,12,44 – 52, ACO I,1,1 S. 41,21–27 [Dok. 36]) eindeutig hervorgeht, niemals Teilhaber des Segens, den das Opfer bringen soll. Der Unterschied zwischen der von ihm hier verwendeten Formel ἑαυτῷ πραγματεύεται und der von ihm kritisierten ὑπὲρ ἑαυτοῦ [...] συνεπαγόμενος (vgl. auch CV60,XX, ACO I,1,2 S. 50,23f. = CV169, ACO I,1,6 S. 140,13f. = Loofs, Nestoriana S. 240,8f.) liegt offenbar darin, dass mit ersterer für ihn zum Ausdruck gebracht wird, ‚wem‘ das Opfer dargebracht wird, während letztere darauf abzielt, ‚zu wessen Gunsten‘ es dargebracht wird.

23 | 22 und … Menschen]

Vgl. 1 Tim 2,5.

23 | 32–33 weil … gelangen]

Vgl. Hebr 7,25; s. auch oben CV149,10,26 – 27.

23 | 33 Zuverlässig … genannt]

Vgl. 1 Kor 1,9.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

Impressum

Förderung und Partner

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
  • Universität Bonn
  • Universität Bern
Logo DFG
Logo Universität Bonn
Logo Universität Bern