(30) „Und niemand erwirbt die Ehre durch sich selbst, sondern indem er von Gott
berufen wird, wie auch Aaron. Und so hat auch Christus nicht sich selbst den Ruhm
verliehen, Hohepriester geworden zu sein, sondern derjenige, der zu ihm gesagt hat:
‚Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt.‘“ Derjenige, der sich selbst in die
Entäußerung hinabbegeben hat, erwartet den Ruf, der vom Vater ausgeht und ihn ins
Priesteramt befördert, welches nicht seiner eigenen Natur in höchstem Grade vertraut
und überaus angemessen ist, sondern vielmehr der uns entsprechenden, also der
menschlichen. Wenn er sich in dieser befindet, erfährt er das, was zu ihr gehört, wobei
ihm dadurch in keiner Weise Schaden zugefügt wird, sondern er vielmehr den mit dem
Fleisch verbundenen Heilsplan zur Anwendung bringt. Wie er nämlich, obwohl er von
Natur aus Herr ist, geblieben ist, was er war, auch wenn er sich in die Gestalt des
Knechtes versetzt hat, so sagen wir, dass er, obwohl er im Himmel Zehntausende hat,
die ihm priesterlich dienen – mit geistigen und unblutigen Opfern selbstverständlich,
mit Hymnen und Lobpreisungen –, auch die uns entsprechende Priesterschaft für an‐
nehmbar hält, wobei er in jeder Hinsicht das bewahrt, was den Maßen der Menschheit
angemessen ist und was ihr entspricht. Er ist also berufen worden wie auch Aaron,
jedoch nicht auf dieselbe Weise. Der eine wurde nämlich zum Priester gesalbt und war
Diener. Der andere aber wird als Sohn berufen und dient dem Vater im Range Melchi‐
sedeks. Und diese Art der Priesterschaft erklärt der Göttliches kündende Paulus,
indem er folgendermaßen über unser aller Retter Christus geschrieben hat: „Der nicht
nach dem Gesetz fleischlichen Gebotes entstanden ist, sondern nach der Kraft
unauflöslichen Lebens.“ Die Art der Priesterschaft ist also in unvergleichlichem Maße
besser, und der eine war, wie ich sagte, Diener, obwohl er ins Priesteramt berufen
worden ist, der andere aber auch so Sohn Gottes, des Vaters, als natürlicher Gott und
Logos gemäß der vorzeitlichen Zeugung, als Mensch aber gemäß der eben erst statt‐
gefundenen und fleischlichen, auf die der Begriff ‚heute‘ verweist. Er zeigt uns schließ‐
lich den gegenwärtigen Moment an. Der Vater macht sich also auch seine fleischliche
Zeugung zu eigen. Er weiß schließlich, ja, er weiß, dass derjenige, der auf göttliche
Weise aus ihm und auf menschliche aus einer Frau [entstanden ist], sein eigener Sohn
ist.