(3) Das zu denken ist uns beigebracht worden. Denn durch weise Anleitungen
bringen uns die Worte der Heiligen dazu, unbedingt mit Freuden hinter dem her zu
sein, was den heiligen Schriften in höchstem Maße richtig erscheint, und die Wahrheit,
die in den heiligen Lehren [liegt], zu betrachten, indem wir den feinen Geist in das
versenken, was über Christus gesagt wird, und ‚Vernunftgründe einreißen und alles
Hohe, das sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und jeden Gedanken zum Gehor‐
sam ihm gegenüber gefangen nehmen‘. Denn weil es schlüssig ist und von allen be‐
kannt wird, dass, als er ‚in Gestalt‘ und Gleichförmigkeit ‚Gottes‘, des Vaters, ‚existier‐
te‘, der aus ihm der Natur nach [gezeugte] Logos ‚es nicht für ein Beutestück hielt,
Gott gleich zu sein, sondern sich entäußerte, indem er die Gestalt eines Knechtes
annahm, den Menschen gleich wurde, und indem er sich in seiner Erscheinung als
Mensch zeigte, sich selbst erniedrigte, wobei er gehorsam wurde bis zum Tod, zum
Tod am Kreuz‘, ist es wohl ganz und gar unumgänglich, dass derjenige, der sich zum
Ziel setzen sollte, die Bedeutung dessen, was über ihn [sc. Christus] geschrieben wor‐
den ist, zu beurteilen, den Geist mit gottgefälliger Fertigkeit erfüllt hat, auf dass er‐
kannt werde, dass derselbe im selben Moment als Gott und zugleich als Mensch
existiert, weil er sowohl das Gott-Sein in unverfälschter Form besitzt (die Natur des
Logos ist schließlich unwandelbar) als auch das Maß der Entäußerung nicht von sich
weist. Denn niemals errötete seiner eigenen Betrachtungsweise nach, wer die frei‐
willige Entäußerung dem Heilsplan entsprechend um unsertwillen auf sich nahm. Es
ist also notwendig, dass er einerseits als durch die Würden der Gottheit herausgehoben
angesehen wird, andererseits des Menschlichen wegen als von der Geringfügigkeit, die
uns entspricht, nicht gänzlich befreit, weil der Heilsplan dies verlangt. Wenn nämlich
der Logos, der Gott ist, Fleisch geworden ist, also Mensch gemäß dem Ausspruch:
„Ich werde von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch“, soll es niemanden in Un‐
ruhe versetzen, auch wenn über ihn von der göttlich inspirierten Schrift etwas gesagt
wird, was zu den einem Menschen gebührenden Dingen gehört. Man soll vielmehr
seine überweltliche Herrlichkeit aus dem Blickwinkel einer Macht und Überlegenheit,
die gottgebührend und überaus erhaben ist, sorgfältig betrachten.