Homilie des Proklos, des Bischofs von Kyzikos, gehalten in Anwesenheit des Nestorius in der
großen Kirche von Konstantinopel:
(1) Das Fest der Jungfrau ruft die Zunge heute, liebe Brüder, zum Lobpreis auf, und
die laufenden Feierlichkeiten werden für jene, die zusammengekommen sind, zum
Garanten des Nutzens. Und das völlig zu Recht. Es trägt nämlich die Vorstellung der
Reinheit in sich. Es ist der sich erfüllende Stolz des Geschlechtes der Frauen und der
Ruhm der Weiblichkeit um derjenigen willen, die zugleich Mutter und Jungfrau ist.
Das Fest ist beliebt. Denn seht: Die Erde und das Meer zeigen sich der Jungfrau
ergeben; das eine breitet unter den Schiffen freundlich den Rücken aus, die andere
säumt ohne Hindernis die Spuren der Wandernden. Die Natur soll springen, und die
Frauen werden geehrt. Die Menschheit soll tanzen, und die Jungfrauen werden
gerühmt. ‚Denn wo die Sünden zugenommen haben, hat die Gnade durch ihr
Übermaß die Oberhand erlangt.‘ Zusammengerufen hat uns die heilige Maria, der
unbefleckte Hort der Jungfräulichkeit, das geistige Paradies des zweiten Adams, die
Werkstätte der Einung der Naturen, das Fest des heilbringenden Abkommens, die
Kammer, in der der Logos die Ehe mit dem Fleisch einging, der beseelte Dornbusch
der Natur, den das Feuer der göttlichen Wehen nicht verbrannte,die wahrhaft leichte
Wolke, die denjenigen, der über den Cherubim steht, mitsamt dem Leib trug, die
vollkommen reine Wolle des Regens aus den Himmeln,aus welcher der Hirte sich das
Schaf umlegte,die Magd und Mutter, Jungfrau und Himmel, die alleinige Brücke für
Gott zu den Menschen, der ehrfurchterregende Webstuhl des Heilsplans, an dem auf
unaussprechliche Weise das Gewand der Einung gewebt wurde. Dessen Weber war der
Heilige Geist, [dessen] Spinnerin aber die Schatten werfende Kraft aus der Höhe,die
Wolle das alte Vlies Adams, der Faden das unbefleckte Fleisch aus der Jungfrau, das
Weberschiffchen die unermessliche Gnade des Trägers, der Künstler jedoch der durch
das Ohr hineinspringende Logos.
Wer hat gesehen, wer hat gehört, dass Gott auf unbeschreibliche Weise in einem
Mutterleib Wohnung nahm? Wen der Himmel nicht fasst, den schränkt kein Bauch
ein.