CV2: Kyrills erster Brief an Nestorius

Inhalt: Kyrill, der sich offenbar durch den Umstand, dass sich mittlerweile selbst Papst Coelestin in den θεοτόκος-Streit eingeschaltet hat, zum Handeln genötigt sieht, schreibt Nestorius einen Brief, in welchem er diesen dazu auffordert, seine Aussagen zu korrigieren und den angestammten Titel der Mutter Jesu anzuerkennen.

Edition: Collectio Vaticana 2, ACO I,1,1 S. 23,25–25,4; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 314f.; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 864f.; Mansi, Bd. 4 Sp. 884f.; PG 77, Sp. 40f.

Verzeichnisnummern: CPG 5302

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 11Sommer bis Ende 429

Lat. Übersetzungen: (1) Collectio Veronensis 13, ACO I,2 S. 36–37; (2) Collectio Casinensis 2, ACO I,3 S. 16–17; (3) Collectio Palatina 27, ACO I,5 S. 51–52

Literatur: Price/Graumann (2020), S. 113–115

1Laut Kidd (1922, Bd. 3 S. 211), im Juni 429.

(3) Was soll ich nun machen (denn ich muss mich mit Deiner Gottesfurcht bera­
ten), wenn der überaus fromme und gottesfürchtige Bischof von Rom Coelestin und
die überaus gottesfürchtigen Bischöfe aus seinem Umfeld sich zu den irgendwie dort­
hin [sc. nach Rom] gelangten Schriften äußern, ob sie nun Deiner Gottesfurcht zuzu­
ordnen sind oder nicht?
Sie schreiben nämlich, als hätten sie großen Anstoß genom­
men. Wie soll ich aber jene, die von Osten aus allen Gemeinden kommen und über die
Schriften jammern, betreuen? Oder ist Deine Gottesfurcht vielleicht der Meinung,
dass den Gemeinden [nur] geringe Unruhe aus derartigen Homilien entstünde? Wir
stecken alle in Anstrengungen und Mühen, da wir jene, die irgendwie verleitet worden
sind, abwegig zu denken, in die Wahrheit überführen. Wenn es also Deine Gottes­
furcht ist, die allen die Not gebracht hat, Gemurre ertönen zu lassen, wie spricht sie
zu Recht Anschuldigungen aus? Warum macht sie mir gar umsonst Vorwürfe und
berichtigt nicht vielmehr ihre eigene Aussage, auf dass sie dem weltweiten Ärgernis
ein Ende bereite? Denn wenn die Rede in dem Sinn entglitten ist, dass sie im Volk
umläuft, soll sie wenigstens durch die Untersuchungen wieder auf den Weg gebracht
werden, und du sollst gewährleisten, dass die Ausdrucksweise denen, die Anstoß
genommen haben, gefällt, indem du die heilige Jungfrau Gottesgebärerin nennst,
damit wir, die wir die Betrübten betreuen und bei allen die rechte Einstellung erhalten,
in Frieden und Einmütigkeit die Zusammenkünfte der Völker vollziehen.

3 | 2–5 wenn … nicht]

Das Schreiben, auf das sich Kyrill hier anscheinend bezieht, ist nicht überliefert. Auch die spätere Korrespondenz zwischen Kyrill und Coelestin, aus welcher schließlich die Verurteilung des Nestorius durch die römische Lokalsynode hervorging (vgl. CV144 [Dok. 27] u. CVer1 [Dok. 29]), und der Brief des Coelestin an Nestorius, in welchem Letzterer aufgefordert wird, seine Lehre zu widerrufen (vgl. CVer2 [Dok. 30]), liefern keine Hinweise darauf, dass Rom schon zuvor in dieser Sache aktiv geworden wäre. Alles Weitere muss also aus den hier kommentierten Worten Kyrills extrapoliert werden (vgl. z.B. Fraisse-Coué [1996], S. 583). Vgl. hierzu auch Price/Graumann (2020), S. 114 Anm. 67.

3 | 19 vollziehen]

Kyrill spielt hiermit vermutlich auf die Anklage an, die in Konstantinopel offenbar gegen ihn im Raum schwebte und auf einige Alexandriner, die dort weilten, zurückging. Diesen Umstand erwähnt Kyrill in seinen in den Akten enthaltenen Schriften mehrfach und besonders umfangreich in seinem Brief an die Apokrisiare (vgl. CV22,6,5 – 14, ACO I,1,1 S. 111,25-30 [Dok. 8]). Dieser Brief endet erwähnenswerterweise auch in einer den hier kommentierten Worten recht ähnlichen Formel (vgl. CV22,8,35 – 41, S. 122,19f.).

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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