CV5: Nestorius’ zweiter Brief an Kyrill

Inhalt: Nestorius wirft Kyrill vor, die Aussagen des Nizänums missverstanden zu haben, und bekräftigt anhand zahlreicher biblischer Zitate die Position, dass Maria richtigerweise lediglich als Christus­gebärerin bezeichnet werden dürfe.

Edition: Collectio Vaticana 5, ACO I,1,1 S. 29,4–32,23; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 322–327; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 872–878; Mansi, Bd. 4 Sp. 892–1000; PG 77, Sp. 49–57; Loofs, Nestoriana S. 173–180

Verzeichnisnummern: CPG 5669

Verfasser: Nestorius von Konstantinopel

Datierung: Juni 430

Lat. Übersetzungen: (1) Collectio Veronensis 15, ACO I,2 S. 41–43; (2) Collectio Casinensis 7, ACO I,3 S. 23–26; (3) Collectio Palatina 25, ACO I,3 S. 46–49; (4) Gesta Constantinopolitana, ACO IV,1 S. 150–154

Literatur: Price/Graumann (2020), S. 120–127

(2) Dies sind die Worte Deiner Gottesfurcht, und du erkennst vermutlich das Dei­
nige. Höre aber auch jene, die von uns kommen, eine brüderliche Ermahnung zur
Frömmigkeit, die jener große Paulus gegenüber dem von ihm geliebten Timotheus
ausspricht: „Richte deine Aufmerksamkeit auf das Lesen, das Zusprechen, das Lehren.
Wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst als auch deine Zuhörer retten.“
Was
aber bedeutet für mich das ‚Richte deine Aufmerksamkeit‘? Dass du, weil du die
Überlieferung jener Heiligen oberflächlich rezipierst, ein fehlerhaftes Verständnis da­
raus gezogen hast, welches Nachsicht verdient, wenn du der Meinung bist, sie hätten
gesagt, dass der mit dem Vater gleich ewige Logos leidensfähig sei. Beuge dich also,
wenn es genehm ist, tiefer über die Worte und du wirst sehen, dass jener göttliche
Chor der Väter weder gesagt hat, dass die wesenseine Gottheit leidensfähig oder dass
sie, die dem Vater gleich ewig ist, neu gezeugt sei, noch, dass sie,
die den zerstörten
Tempel wieder errichtet hat,
auferstanden sei. Und wenn du mir zur brüderlichen
Therapie Gehör schenkst, werde ich, indem ich dir eben die Äußerungen der heiligen
Väter auseinandersetze, die falsche Anschuldigung gegen sie und ihre heiligen Schrif­
ten aus dem Weg räumen.

2 | 4–5 Richte … retten]

1 Tim 4,13. 16.

2 | 9–13 dass … sei]

Vgl. CV4,5,1 – 6, ACO I,1,1 S. 27,14–18 (Dok. 23). Kyrill spricht dabei weder das Leiden noch die zeitliche Geburt oder die Auferstehung unmittelbar der Gottheit zu – er wehrt solche Anschauungen sogar explizit ab –, sondern dem mit ihr geeinten Leib, über den sich jene das der Natur nach eigentlich nur ihm Zugehörige seiner Überzeugung nach dann allerdings ‚aneignet‘ (zum Begriff der Aneignung vgl. Anm. zu CV1,24,8 – 9 [Dok. 5]). Gerade diese Vorstellung kritisiert Nesto­rius jedoch im weiteren Verlauf dieses Briefes noch mit scharfen Tönen (vgl. unten CV5,7,33 – 37).

2 | 12–13 die‌² … hat]

Vgl. Joh 2,19.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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