(15) Sag mir ferner: Wollte Philippus, der ein eifriger Christusjünger war, als er
sagte: „Herr, zeige uns den Vater, und es soll uns genügen“, den seienden und existie‐
renden Vater oder den nicht seienden und hypostaselosen sehen? Die Antwort lautet
meiner Meinung nach doch wohl ohne Zögern: den seienden und existenten. Wenn
also der Sohn wirklich nichts ist, da er ja nach dem zügellosen Mutwillen jener nicht
existiert, warum führte er sich selbst als Ebenbild zur genauen Erkenntnis des Vaters
ein, indem er sagt: „So lange bin ich unter euch, und du kennst mich nicht, Philippus?
Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Du glaubst nicht, dass ich im Vater bin
und der Vater in mir?Ich und der Vater sind eins“? Meiner Meinung nach erkennt
man doch wohl nicht den Existierenden durch den nicht Existierenden und geht nie‐
mals davon aus, dass das Seiende in jeder Hinsicht mit dem Nicht-Seienden identisch
sei. Wie aber wird der Vater im Sohn sein und der Sohn wiederum im Vater? Oder ist
es nicht naheliegend zu sagen, dass, wenn der Logos nicht in einem eigenen Dasein
existiert, wohl auch der Vater selbst in Gefahr gerät, da er das Nichts in sich hat und
man ihn als im Nichts existierend wahrnimmt? Denn was überhaupt nicht seiend ist,
wird schließlich auch gar nicht wahrgenommen. Diese Aussage ist zwar ziemlich un‐
angenehm (sie krankt schließlich an der ihr innewohnenden übergroßen Absurdität),
sie stellt die Lehre der Gegner aber dennoch als unstimmig dar. Und man staunt wohl
zu Recht darüber, auf welche Weise der Vater in dem Sohn, der nicht das Sein erlangt
hat, das Seiende erschaffen hat. Wenn aber jemand fragen sollte, ob für das Seiende das
Sein zuträglich ist oder natürlich vielleicht das Nichtsein, hieße die Antwort wohl
umgehend das Sein. Denn weil er dem Nicht-Seienden das Sein verleiht, ist und heißt
der Schöpfer in höchstem Maße gut. Das verhält sich nämlich wohl von Natur aus so.
Demnach wäre es um die Schöpfung besser bestellt als um jenen, durch den alles zur
Entstehung gebracht wurde. Denn von dem sagt man, dass er nicht existiere; jenes
jedoch existiert und wird im Zustand des Seins wahrgenommen. Was für eine Absur‐
dität des Denkens! Hinfort mit dieser Schmähung! „Denn der Logos Gottes ist leben‐
dig und wirkkräftig“, wie geschrieben steht. Deswegen sagte er auch: „Ich bin das
Leben.“ Doch das Leben würde wohl nicht wahrgenommen, wenn es nicht existierte.
Leben besitzt aber der Natur nach Existenz; es könnte ja keineswegs vorgetäuscht
werden. Die Rede davon, dass der aus Gott hervortretende Logos nicht existiere, ist
also haarsträubende Lüge und Auswurf eines überaus törichten Geistes. Er selbst sagte
schließlich dem Mose: „Ich bin der Seiende.“ Was aber wahrhaftig ist, wie könnte das
jemals nicht als in einer eigenen Hypostase bewahrt aufgefasst werden? Daher werden
wir denen, die so denken, zu Recht Torheit in höchstem Grad bescheinigen.