CV8: Sacra an Kyrill

Inhalt: Kaiser Theodosius gibt Kyrill in sehr direkten Worten zu verstehen, dass er dessen Vorgehenswei­se im bisherigen Verlauf der entstandenen Auseinandersetzungen missbilligt, und fordert ihn nach­drücklich auf, auf der durch ihn anberaumten Synode zu erscheinen.

Edition: Collectio Vaticana 8, ACO I,1,1 S. 73,2–74,23; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 435f.; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 980–984; Mansi, Bd. 4 Sp. 1109f.

Verzeichnisnummern: CPG 8652

Verfasser: Kaiser Theodosius II.

Datierung: November 430

Lat. Übersetzungen: Collectio Casinensis 20, ACO I,3 S. 47f.

Literatur: Price/Graumann (2020), S. 199–201

1 Der lateinischen Version der sacra in der Collectio Casinensis ist eine Vorbemerkung des Rusticus vorangestellt (CCas20, ACO I,3 S. 47,9-13), in der er Nestorius unterstellt, er habe den Kaiser zu Ungunsten Kyrills beeinflusst und ihn zu der sacra veranlasst: „Als der Gotteslästerer [sc. Nestorius] erkannte, dass der Erzbischof Kyrill es nicht duldete, dass die Kirchen so in Unruhe versetzt und die Völker durch Predigten dieser Art verführt wurden, richtete er es ein, dass der frömmste Kaiser, an dessen Amtsgewalt er sich heranschlich, diesem eine mit Brandmalen angefüllte sacra bestimmte, weil er glaubte, kraft dessen [sc. des Kaisers] Heiligkeit seiner Verschwiegenheit aushändigen [zu können], was eben dem Häretiker Nestorius zum Vorteil ist. Die sacra aber ist folgende, so wie sie unten angefügt ist.“

(3) Nun aber werden wir für die heilige Ruhe Sorge tragen.

Du sollst allerdings wissen, dass du alles [so] in Bewegung versetzt hast, wie es
nicht hätte sein dürfen. Und es ist nicht bewundernswert, wenn jemand, weil er das
Maß überschritten hat, sein Vorhaben nicht auf die Gemeinden und Mitpriester be­
schränkt, sondern sogar über uns selbst etwas denkt, was unserer Frömmigkeit nicht
würdig ist. Oder welchen Grund hatte es, das eine an uns und die überaus fromme
Augusta Eudokia,
meine Gattin, zu schreiben, das andere aber an meine Schwester, die
überaus fromme Augusta Pulcheria?
Du glaubtest entweder, dass wir unterschiedli­
cher Meinung seien, oder hofftest, dass wir aufgrund der Schriften Deiner Gottes­
furcht zu unterschiedlichen Meinungen kämen. Wenn dies aber eingetreten wäre, falls
es sich denn so verhielte, wäre es in jeder Hinsicht tadelnswert, dass ein derart Fern­
stehender es aus dem eitlen Bemühen heraus erführe; und wenn es nicht eingetreten
ist, wäre es eher die Sache eines jeden [anderen Menschen] als die eines Priesters, es
herbeiführen zu wollen. Es ist allerdings einem einzigen Antrieb und demselben Vor­
satz zuzuschreiben, sowohl die Glieder der Gemeinden als auch des Kaiserhauses tren­
nen zu wollen, als ob es keine andere Möglichkeit gäbe, Anerkennung zu erlangen.

3 | 4 Vorhaben]

ἐπιχείρησιν (wörtl.: das Hand-Anlegen). Der Begriff wurde hier in seiner allgemeinen Bedeutung übersetzt. Er kann aber auch konkret einen „Angriff“ bezeichnen.

3 | 6–7 das … Eudokia]

Gemeint ist De recta fide ad Theodosium, wo innerhalb des Schreibens zwar im Grunde nur Theodosius als Adressat ausdrücklich angesprochen wird, welches sich aber der Einleitung nach ebenso an seine Gattin und seine Schwester richten soll (vgl. CV7,4,4 – 11, ACO I,1,1 S. 44,14–21 [Dok. 39]).

3 | 7–8 das … Pulcheria]

Eduard Schwartz verweist an dieser Stelle auf Ad augustas de fide (CV149 [Dok. 41]). Diese Rede gilt traditionell (die Adressierung an bestimmte namentlich genannte Personen findet sich für die an die weiblichen Mitglieder des Kaiserhauses gerichteten Reden erst in den Überschriften des Florilegium Cyrillianum) als an Pulcheria und Eudokia gemeinsam adressiert. Den Worten Theodosius’ nach wirkt es jedoch so, als sei die zunächst genannte Schrift an ihn selbst und Eudokia, die danach angeführte hingegen lediglich an Pulcheria gerichtet. Die Rede Ad dominas (CV150 [Dok. 40]), die Kyrill der Tradition nach an die Kaiserschwestern Arcadia und Marina richtet, würde nach dieser Betrachtungsweise dann hier nicht ausdrücklich erwähnt, obwohl sie Ad augustas zeitlich vorauszugehen scheint (vgl. CV149,4,6 – 10**, ACO 1,1,5 S. 28,1–4). Textimmanent richtet sich Ad dominas jedenfalls lediglich an die „heiligen und vollkommen reinen Jungfrauen [Christi]“ und „überaus frommen und gottgefälligen Kaiserinnen“ (CV150,1,3 – 5, ACO 1,1,5 S. 62,4f.: ὑμᾶς δὴ τὰς ἱερὰς καὶ πανάγνους αὐτοῦ νύμφας, εὐσεβέσταται καὶ θεοφιλέσταται βασιλίδες), eine Formulierung, die Pulcheria durchaus mit einbeziehen würde. Auf der anderen Seite muss der Ausdruck ἕτερα, den Theodosius hier verwendet, um das an seine Schwester Gerichtete zu benennen, aber natürlich auch nicht unbedingt nur eine einzige Schrift bezeichnen. Vgl. zu diesen Problemen auch Holum (1982), S. 159; Graumann (2002a), S. 324–326; Bevan (2016), S. 135–137.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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