Inwieweit es sich bei dem Hinweis auf die mangelnden Griechischkenntnisse an dieser Stelle um einen Vorwand Coelestins handelt, die Antwort hinausgezögert zu haben, lässt sich nicht zweifelsfrei entscheiden. Fest steht, dass das Griechische im Westen tatsächlich ein Problem war (vgl. Camelot [1963], S. 38 u. 62; Krannich [2005], S. 109 mit Anm. 7), weshalb auch Kyrill sein Nestorius belastendes Material (zu dem kyrillischen Dossier und seinem prägenden Einfluss auf das Nestorius-Bild s. Graumann [2002b]) gleich in lateinischer Übersetzung an den Papst schickte. S. hierzu Caspar (1930–1933), Bd. 1 S. 395; Vogt (1975), S. 89; Wojtowytsch (1981), S. 284. Andererseits weisen Price/Graumann (2020, S. 138 Anm. 146) zu Recht darauf hin, dass die von Coelestin nach Ephesus geschickten Legaten dem Konzil den Brief, den er ihnen mitgab, in sehr gutem Griechisch vorlegten. Price und Graumann sehen den eigentlichen Grund für die Verzögerung in dem Wunsch des Papstes, sich vor einer Stellungnahme erst einmal hinsichtlich der Position abzusichern, die es nach außen zu vertreten galt. Bevan (2016, S. 114) macht zudem darauf aufmerksam, dass der erste Brief des Nestorius an Coelestin bereits Cassian für seine Schrift De incarnatione Domini contra Nestorium zur Verfügung stand, worin er einen Beweis sieht, dass der Papst sehr wohl schon früh über den Inhalt des Briefes Bescheid wusste.