Ebenso eine andere Predigt desselben über Adam an die Gemeinde:
Mich bewegt der Wunsch der nach Belehrung strebenden Hörer, doch [meine]
Schwäche verleitet eher zum Schweigen. Aber die geschuldete Priesterpflicht besiegt
doch die Kraft der Krankheit.
Denn bald, als das Gebot erging,brachte [Gott], gleichsam um hierdurch den
Fortschritt der menschlichen Natur in der Weisheit zu zeigen, Tiere vor die Augen
Adams, der ihnen einzeln gemäß der Natur eines jeden aus dem Stegreif Namen gab
und die Namensquellen gewissermaßen sprudeln ließ und ausgoss. Jedenfalls war es
Gott, 〈der〉 „das, was nicht war, benannte, als ob es wäre“, Adam aber [benannte das],
was nicht benannt war, als ob es bereits benannt worden sei. Oh, für wieviele Gaben
hast du, Adam, Gott nicht Dank gesagt! Du wurdest aus Staub geformt, wohntest im
Paradies, lebtest im Überfluss der Genüsse, frei von Schmerzen genossest du das
Vergnügen, ohne jede Sorge fielen dir die Reichtümer zu. Auch warst du der Schüler
Gottes.
Und dort weiter unten: Du wurdest zum ersten Namensgeber gemacht. Die wilde
Natur der Raubtiere hat gehorsamer als die mit Vernunft Begabten vor dir gestanden.
Du hast bei der Vergabe der Bezeichnungen für die Tiere das Gesetz gegeben. Du
hattest eine Unterredung mit dem Schöpfer.
Und dort weiter unten: Die Engel, die infolge der Verführung der Sünder beleidigt
waren, wurden, als sie wahrnahmen, wie schwer unsere Strafe [war], nicht wenig
bewegt, gingen zu Gott und riefen: „Willst du, dass wir gehen und das Unkraut
zusammenlesen?“ Trotzdem erhofften die Dämonen gleichsam ein Aufgehen der
ganzen Welt in Flammen wie in Sodom oder erwarteten eine Sintflut, die heftiger war
als [die] zu Zeiten Noahs. Der Teufel wiederum zog jenen Schuldschein hervor, der
wider die Natur ist [und] der lautet: „Du bist Erde und wirst zu Erde vergehen“, und
mit ihm setzte er [den Menschen] zu, indem er Generationen von ihnen durch den
Tod dahinraffte.
Weil wir deshalb in einer so schwierigen Lage ohne Hoffnung auf Besserung waren,
kam es [schließlich] zu einer sehr großen Zahl an Entsühnungen der Natur. Denn der
Mittler zwischen Erdkreis und Gott wurde geboren, nicht so wie Jeremia oder
irgendein anderer der Propheten, die [im Vergleich mit Christus] einflusslos sind,
sondern [als einer], der die mit ihm verbundene Geberin dessen, was er will, [nämlich]
die Gottheit, besitzt. Nicht ist er der Mittler eines einzigen Volkes, wie Mose der der
Juden, sondern [er ist], wie Paulus sagt, „der eine Gott und Mittler zwischen Gott
und den Menschen, der Mensch Christus Jesus“. Der Mensch [ist] die Person, in der
er erscheint und sich zeigt, Gott [ist] 〈von Natur unsichtbar, Christus〉 aber ist die mit
der Gottheit verbundene vermittelnde Natur, die für unsere Natur gegen den Teufel
[unsere] Sache auf sich nimmt.
Jener zog die von Adam her [entstandene] Sünde wie einen Schuldschein hervor,
Christus dagegen strebte 〈nach〉 der Annulierung dieser Schuld kraft eines Fleisches
ohne Sünde. Jener verlas die Verdammnis, die durch Eva die ganze Natur befallen
hatte, Christus aber brachte die Rechtfertigung, die dem [Menschen]geschlecht durch
die selige Maria widerfahren war. Jener ließ die Zügellosigkeit beim Essen im Paradies
offenbar werden, Christus hingegen zeigte, dass man der menschlichen Natur in ihm
ohne jede Sünde Essig zu trinken gab. Er entkräftete alles, was der Teufel gegen uns
vorbrachte, und er verkündete [seinen] Sieg in diesem Verfahren, indem er sagte: „Jetzt
ist der Gerichtsspruch über diese Welt.“ In mir, sagt er, wird diese Welt gerichtet, durch
meine Fleischwerdung wird sie überwunden. „Jetzt“, sagt er, „ist das Gericht über
diese Welt, und der Fürst dieser Welt wird hinausgetrieben werden“ wie ein dreister
Rechtsverdreher aus dem Gerichtsverfahren, der den [bereits] bezahlten Schuldschein
hervorholt und kampfbereit auf die losspringt, die keine Schulden [mehr] haben.
Aber diese Wohltat verschafft allen das notwendige Sakrament der heilbringenden
Taufe. Denn wer in der Taufe abgewaschen wurde, wird zum Haus dessen gehören und
vereint und vertraut mit dem, der jenen Schuldschein bezahlt hat, und er wird zusam‐
men mit eben diesem zum Bewohner der Himmel. „Denn wo ich bin“, heißt es, „dort
wird auch mein Diener sein.“ Der Katechumene aber bleibt gleichsam ein fernste‐
hender Schuldner dessen, der [seinen] Schuldschein annuliert hat. Wenn seine Seele
vom Fleisch geschieden ist, sagt 〈der Teufel〉 zu den Engeln, den Führern der Seelen,
indem er sich dazwischenstellt: „Warum entreißt ihr [mir] diese meine hervorragende
Seele? Ihr macht euch an mein Recht, meinen Besitz, ihr macht euch an meine Schuld‐
ner heran.“ Und, wie es bereits offenbar ist, behauptet sich keine Rede besser bei den
Menschen als die über die Katechumenen, weil der Teufel Folgendes hinzufügt: „Jene
verschließen ihnen auf Erden die Türen der Kirchen, ihr aber eilt [ihnen] von den
Himmeln her zu ihrer Aufnahme entgegen. Ihr versucht, oh Engel, meinem Recht Ge‐
walt anzutun. Denn was scheint euch mit den Katechumenen zu verbinden? ‚Sie
wurden nicht aus Wasser und Geist wiedergeboren‘, um von euch zum Himmelreich
geführt zu werden. Sie haben der Erbschaft, die mir unterworfen ist, nicht entsagt.
Wenn sie den königlichen Erlaubnisschein nicht haben, wie wollen sie [dann] den Weg
auf königlicher Bahn zurücklegen?“
Aber diese Einwände des Teufels gegen die Natur sind jetzt verstummt, dem jene
getaufte Natur mit Vertrauen entgegenruft: „Denn er hat uns mit auferweckt und da‐
für gesorgt, dass wir mitsitzen in den Himmeln in Christus“, dem Ehre in Ewigkeit
ist.