CV144: Kyrills Brief an Coelestin

Inhalt: Kyrill wendet sich in einem Brief an Coelestin, den Bischof von Rom, um diesem davon zu berichten, wie er sich durch die bedrohliche Situation, in welcher er die Kirche durch die öffentlich verbreiteten Thesen des Nestorius wähnte, gezwungen sah, in dieser Sache tätig zu werden, und wie wenig erfolgreich seine Versuche waren, seinen Amtskollegen in Konstantinopel zu einer Umkehr zu bewegen. Er schließt mit der Bitte, der Bischof von Rom möge mit seiner Autorität ein Machtwort in dieser strittigen Angelegenheit sprechen.

Edition: Collectio Vaticana 144, ACO I,1,5 S. 10,13–12,23; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 339–346; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 889–896; Mansi, Bd. 4 Sp. 1012–1017; PG 77, Sp. 80–85

Verzeichnisnummern: Jaffé (2016–2020), Nr. 826; CPG 5310

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: Mitte 430

Lat. Übersetzungen:  –

Literatur: Price/Graumann (2020), S. 128–131

(2) Denn sobald der Erwähnte gewählt worden war und es nötig gewesen wäre, die
Menschen dort und die Fremden, die zugereist sind (das aber sind überaus viele aus
sozusagen jeder Stadt und jedem Ort) durch Ermahnungen, die auf das Gute abzielen,
zu fördern, setzte er Eifer daran, irgendwelche absonderlichen Dinge zu sagen, die
außerhalb der Vernunft liegen und weit entfernt von dem apostolischen und evangeli­
schen Glauben sind, den die Väter die ganze Zeit über bewahrt und uns wie eine
kostbare Perle überliefert haben. Und die Predigten, die er in der Kirche hielt, und
zwar immer wieder, und nicht aufhörte zu halten, habe ich Deiner Frömmigkeit zur
gründlichen Kenntnisnahme geschickt.
Ich aber habe, ich gebe es zu, obwohl ich die
Absicht hatte, ihm durch ein synodales Schreiben deutlich zu machen, dass wir mit
jemandem, der solche Dinge sagt und denkt, keine Gemeinschaft haben können, dies
nicht getan. Da ich aber bei mir dachte, dass es nötig sei, jenen, die ausgerutscht sind,
die Hand zu reichen und die Gestrauchelten wie Brüder aufzurichten, habe ich durch
Schriften dazu aufgerufen,
von dieser üblen Lehre Abstand zu nehmen. Wir haben
allerdings nichts erreicht. Nachdem er aber erfahren hatte, dass wir so weit davon
abstehen, diese Dinge zu denken, dass wir ihm Vorwürfe machen, er möge sich von
seinen eigenen Erfindungen (ich möchte nämlich nicht ‚Lehren‘ sagen) entfernen, hat
er jede Spielart der Hinterhältigkeit in Bewegung gesetzt und hört bis jetzt noch nicht
auf, Erschütterungen auszulösen. Als wir aber dachten, er würde kuriert werden und
von den Lehrstücken, die sich gegen Christus richten, Abstand nehmen, gelangten wir
zu der Erkenntnis, dass wir das Erhoffte nicht erreicht hatten, da etwas dieser Art
geschehen ist:

2 | 7 kostbare Perle]

Vgl. Mt 13,45.

2 | 7–9 Und … geschickt]

Kyrill berichtet hier in einer Reihe anderer Ereignisse, die sich allesamt in der Vergangenheit zugetragen haben, davon, dass er Coelestin Predigten des Nestorius zugesandt habe. Daraus ergibt sich die Frage, ob diese Predigten jenen Dokumenten angehören, die am Ende des hier diskutierten Briefes erwähnt werden (vgl. CV144,6,17 – 21) und dem Bischof von Rom zusammen mit diesem überreicht worden sind, oder ob es sich tatsächlich um eine frühere Sendung handelt. Zu Letzterem stünde allerdings im Widerspruch, dass Kyrill ja eingangs behauptet, bisher noch überhaupt nichts über den amtierenden Bischof von Konstantinopel an Coelestin geschrieben zu haben (vgl. CV144,1,14 – 16). Geht man davon aus, dass er die Sachlage mit diesen Worten korrekt wiedergibt, muss man also wohl annehmen, dass er sich an beiden Stellen auf dieselbe Sendung bezieht.

2 | 13–14 habe … aufgerufen]

Hiermit dürfte Kyrill sich in erster Linie auf seinen ersten Brief an Nestorius (CV2 [Dok. 18]) beziehen, da er den zweiten Brief an ihn (CV4 [Dok. 23]) weiter unten noch eigens erwähnt (vgl. CV144,4,17 – 19).

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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