Ich, Akakios, grüße meinen Meister, den in jeder Hinsicht überaus frommen und
gottgefälligen Bischof Kyrill im Herrn.
Ich habe das Schreiben Deiner Gottesfurcht gelesen, welches uns unerwünschter‐
weise jüngst überbracht worden ist und voll von Tränen und Klage war wegen des
Geredes, das in Konstantinopel aufgekommen ist. Doch es ist gut bestellt um die Tiefe
des Glaubens an Christus, soweit es nötig ist für solche, die Anteil daran haben, so
dass es überflüssig war, die Sache überhaupt erst ans Licht der Öffentlichkeit zu
bringen.Welchen Nutzen hat denn Apolinarios, der Laodikeier, gebracht, der unter
den Früheren allein der große Streiter war, der für den rechten Glauben tapfer mit den
Feinden kämpfte, der auf seine eigene Weisheit vertraute und die Absicht hatte, aus
der Ausweglosigkeit irgendwelche Wege für den reinen und untrüglichen Glauben
Christi einzuführen? Hat er nicht dafür gesorgt, dass er in der katholischen Kirche
selbst zu den Spaltern gezählt wird? Ist nicht von einem derer, die vor uns Bischöfe
waren, und der dagegen vorgehen wollte, dass jene, die recht bei Sinnen sind, sich
müßigerweise mit dem beschäftigen, was über den Menschen hinausgeht, indem er
mit gesundem Verstand und vollendeter Einsicht folgende Äußerung ausstieß, gesagt
worden: ‚Wie der Vater den Einziggeborenen gezeugt hat, soll man durch Schweigen in
Ehren halten‘?Und im weiteren Verlauf der Rede rechnete er auf, dass diese Unter‐
suchung im Detail allen Kräften im Himmel zusammen verschlossen ist, keinesfalls
jedoch den Menschen und dem Denken der Menschen [offensteht]. In welcher Hin‐
sicht ist aber die Ermahnung der göttlichen Schriften nicht notwendig und angemes‐
sen, die da lehrt: „Untersuche nichts, was tiefer als du ist, und beschäftige dich nicht
müßigerweise mit Dingen, die stärker sind als du. Was dir zugeordnet ist, das bedenke.
Du hast nämlich keinen Nutzen an verborgenen Dingen“? Diejenigen, die für jene
Partei ergreifen wollen, die sich daran machen, diese Dinge zu denken und zu formu‐
lieren, sagen aber, dass sie etwas Ähnliches erfahren, was der selige Paulinus durch‐
gemacht hat, der Bischof, der es vermied, ausdrücklich von drei Hypostasen zu spre‐
chen, obwohl er dies dem Inhalt nach auch wahrhaftig dachte, diesem [Modell also]
folgte. Er schloss sich jedoch den gottgefälligen westlichen Bischöfen an, weil die
römische Sprache beschränkt ist und im Gegensatz zu unserer griechischen Aus‐
drucksweise nicht von drei Hypostasen sprechen kann.
Dennoch ist es nötig, dass wir, die wir in der Lage sind, mit der Kirche Gottes
mitzuleiden und mitzufühlen, großen Wert darauf legen, den Begriff, der verkündet
worden ist, aufzuhalten, auf dass denen, die dazu bereit sind, die Kirche Gottes zu
spalten und zu zerteilen, kein Anlass geboten wird. Daher muss Dein vollkommener
und vollendeter Verstand, auch wenn anfangs etwas von der Art gesagt worden ist, was
das Potential hatte, viele unter den Frommen und Christusliebenden zu betrüben und
zu verwirren, das, was da in Bewegung gesetzt wurde, aufhalten, gerade auch wenn,
wie ich eben sagte, viele von denen, die aus Konstantinopel nach Antiochia kommen,
ferner auch zu uns – das sind Kleriker, das sind Laien –, den Ausdruck, der da for‐
muliert worden ist, als etwas verteidigen, das dem Sinn nach nicht im Widerspruch zu
dem apostolischen Glauben steht und darüber hinaus auch [nicht] zu dem der heiligen
Väter, die in Nizäa zusammengekommen sind, der über die Wesenseinheit erlassen und
in der gesamten katholischen Kirche verbreitet worden ist. Du sollst es also für richtig
erachten, die Verständigkeit, das Mitgefühl und die Vollkommenheit deiner Priester‐
schaft, weil die Lage es erfordert, unter Beweis zu stellen, indem Deine Heiligkeit eine
Vermittlerrolle zwischen dem Ausdruck, der formuliert worden ist, und denen, die
zugehört haben und gebrochen sind, einnimmt, auf dass Deine Heiligkeit jenes
denken und vollenden werde, was sie können sollte, wo doch die katholische Kirche
gegenwärtig von einem Sturm geschüttelt wird, sich mehr noch, ja weitaus mehr, in die
Höhe erhebe, sich der Stimme eines Herrschers bediene, sich das geistige Meer vor
Augen führe, welches gegenwärtig erschüttert zu werden scheint, und das Zitat
anführe: „Schweige, sei still.“
Ich habe aber dafür gesorgt, dass der Brief Deiner Gottesfurcht dem in jeder Hin‐
sicht vollkommen heiligen und gottgefälligen Johannes, dem Bischof von Antiochia,
vorgelesen wurde. Und nachdem er mit viel Verständnis und Mitgefühl dasselbe
vernommen hatte wie wir, die wir ein hohes Alter haben, während er erst neulich zur
Bischofswürde gelangt ist (er steht durch die Gnade Gottes an der Spitze unter den
Auszeichnungen, die dem Bischofsamt zukommen sollten, so dass alle Bischöfe der
östlichen Diözese stolz auf ihn sind und ihn verehren), findet man ihn, wie er Deine
Gottesfurcht bittet, dass Deine Heiligkeit, indem sie den ihr eigenen Verstand be‐
nutzt, mit dem hinzugekommenen unerträglichen Begriff [so] umgehe, dass du, wäh‐
rend du sprichst, während du handelst, wenn es die Lage erfordert, den apostolischen
Ausspruch in die Höhe hältst: ‚Wenn ich nämlich die Vollmacht nutzen will, die Gott
zum Aufbau und nicht zum Abriss gegeben hat, werde ich nicht zuschanden werden.‘
Halte es für Recht, dem überaus liebenswerten Mann, der unser Schreiben über‐
bringt, treu ist und Christ seit Generationen, Zugang zu der dir innewohnenden und
in dir vorhandenen Gutmütigkeit zu gewähren und ihn im Hinblick darauf, woran es
ihm fehlen sollte, der dir angemessenen Fürsorge für würdig zu halten. Die gesamte
Bruderschaft um dich herum grüßen ich und die Meinigen herzlichst.