CV4: Kyrills zweiter Brief an Nestorius

Inhalt: Kyrill grenzt, ausgehend vom Text des Nizänums, seine Auffassung darüber, warum die Mutter Jesu als Gottesgebärerin bezeichnet werden soll, von möglichen Fehlinterpretationen ab und präzisiert dabei seine Aussagen über das Verhältnis des ewigen göttlichen Logos zu dem von Maria geborenen Menschen.

Edition: Collectio Vaticana 4, ACO I,1,1 S. 25,24–28,26; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 315–322; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 868–872; Mansi, Bd. 4 Sp. 888–892; PG 77, Sp. 44–49; Pusey (1965 [= 1868–1877]), Bd. 6 S. 3–11

Verzeichnisnummern: CPG 5304

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 11Anfang 430

Lat. Übersetzungen: (1) Collectio Veronensis 14, ACO I,2 S. 37–39; (2) Collectio Casinensis 6, ACO I,3 S. 20–22; (3) Collectio Palatina 26, ACO I,5 S. 49–51; (4) Collectio Quesneliana 66, ACO I,5 S. 337–340; (5) Gesta Chalcedonensia, ACO II,3 S. 82–85; (6) Gesta Chalcedonensia, ACO II,3 S. 7–10; (7) Gesta Constantinopolitana, ACO IV,1 S. 147–149

Weitere griech. Fassungen: Gesta Chalcedonensia, ACO II,1,1 S. 104–106

Literatur: Price/Graumann (2020), S. 115–120

1Nach den Akten des Konzils von Chalkedon (ACO II,1,1 S. 104,15) im ägyptischen Monat Mechir, also im Zeitraum zwischen dem 26. Januar und dem 24. Februar.

(4) Und so sagt man, obwohl er vor den Zeiten seine Existenz erlangt hat und aus
dem Vater heraus gezeugt worden ist, er sei im Hinblick auf das Fleisch auch von einer
Frau geboren worden, [und zwar] nicht in dem Sinn, dass seine göttliche Natur den
Anfang ihres Seins in der heiligen Jungfrau erlangt hätte, und auch nicht, dass sie um
ihrer selbst willen
notwendigerweise einer zweiten Zeugung nach der aus dem Vater
heraus bedurft hätte (denn es ist unüberlegt und dumm zu sagen, dass derjenige, der
[schon] vor aller Zeit und mit dem Vater gleich ewig existiert, eines zweiten zum Sein
führenden Anfangs bedürfe);
weil er aber um uns und um unserer Rettung willen, 
indem er das Menschliche hypostatisch mit sich einte, aus einer Frau hervorging, des­
wegen sagt man, er sei fleischlich geboren worden. Denn er wurde nicht zunächst als
gewöhnlicher Mensch von der heiligen Jungfrau geboren und dann kam auf ihn, so
beschaffen, der Logos hinab,
sondern man sagt, dass er direkt aus dem Mutterleib he­
raus geeint die fleischliche Geburt erfährt, da er sich die Geburt des eigenen Fleisches
aneignet.

4 | 3 Natur]

In CPal26,4 näher erläutert durch den Relativ­satz: in qua consubstantivus et coessentialis, id est homousius est patri.

4 | 4–5 um … willen]

CPal26,4: propter se ipsum.

4 | 6–8 denn … bedürfe]

Zit. im Florilegium Cyrillianum 3.

4 | 8 um‌¹ … willen]

Vgl. den zweiten Artikel des Nizänums: τὸν δι’ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα κτλ.

4 | 10–6,1 Denn … bekennen]

Zit. im Florilegium Cyrillianum 4.

4 | 10–12 Denn … hinab]

Diese Zurückweisung einer möglichen Auffassung könnte sich freilich auf ein Spektrum als häretisch verurteilter Lehrmeinungen beziehen, welche dem Sohn nicht die gleiche Ewigkeit zugestehen wie dem Vater und von Kyrill und seinen Zeitgenossen gemeinhin als ‚arianistisch‘ gebranntmarkt worden sind. Es ist aber auch möglich, dass Kyrill hier auf Nestorius anspielt, der anscheinend in einer seiner Predigten die Menschwerdung, die ἐνανθρώπησις, als Einwohnung, als ἐνοίκησις deutete (vgl. Loofs, Nestoriana S. 296,6 – 9 ≈ CV166,I,7,14 – 18, ACO I,1,1 S. 27,14–17 [Dok. 25]). Hierauf könnte die an dieser Stelle verwendete Junktur ἄνθρωπος κοινός hindeuten. Die Annahme, dass Christus ein ‚ge­wöhn­licher Mensch‘ sei, legt Kyrill nämlich seinem Gegner an anderer Stelle in durchaus ver­gleich­baren Zusammenhängen gleichsam direkt in den Mund (vgl. CV166,I,2,93 – 97, ACO I,1,6 S. 20,7–10; CV166,III,3,26 – 30, S. 63,2–5).

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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