(7) Überall in der Heiligen Schrift, wenn sie den Heilsplan des Herrn erwähnt,
werden uns Geburt und Leid nicht als zur Gottheit, sondern als zur Menschheit
Christi gehörig überliefert, so dass die Heilige Jungfrau der genauesten Anrede nach
Christusgebärerin, nicht Gottesgebärerin genannt wird. Höre, wie die Evangelien dies
ausrufen: „Buch“, heißt es, „der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids, des
Sohnes Abrahams.“ Es ist offensichtlich, dass der Gott-Logos nicht der Sohn Davids
ist. Vernimm auch, wenn’s beliebt, ein anderes Zeugnis: „Jakob aber zeugte Joseph,
den Mann Marias, aus der Jesus, der Christus genannt wird, geboren wurde.“ Betrach‐
te wiederum eine andere Äußerung, die uns bezeugt: „Die Geburt Jesu Christi verlief
aber folgendermaßen: Denn als seine Mutter Maria mit Joseph verlobt war, zeigte es
sich, dass sie schwanger war vom Heiligen Geist.“ Wer glaubt wohl, dass die Gottheit
des Einziggeborenen eine Schöpfung des Geistes ist? Warum ist es nötig, noch zu
sagen: „Die Mutter Jesu war dort“, oder wiederum: „mit Maria, der Mutter Jesu“, und:
„Was in ihr gewachsen ist, stammt vom Heiligen Geist“, und: „Nimm das Kind und
seine Mutter und fliehe nach Ägypten“, und: „über seinen Sohn, der dem Fleisch nach
aus dem Stamm Davids entstanden ist“, und im Hinblick auf das Leiden dann: „Indem
Gott seinen eigenen Sohn in Gleichförmigkeit mit sündigem Fleisch und um der
Sünde willen sandte, verurteilte er im Fleisch die Sünde“, und wiederum: „Christus
starb für unsere Sünden“, und: „Als Christus im Fleische litt“, und: „Das ist“, nicht
meine Gottheit, sondern „mein Leib, der für euch gebrochen wird“?
Und weil unzählige andere Äußerungen das Geschlecht der Menschen dazu aufru‐
fen, die Gottheit des Sohnes nicht für neu oder aufnahmefähig für Leid zu halten,
sondern das mit der Natur der Gottheit verbundene Fleisch (deshalb nennt sich
Christus selbst sowohl Herr Davids als auch [dessen] Sohn: „Was“, sagt er nämlich,
„glaubt ihr über den Christus? Wessen Sohn ist er? Sie sagen zu ihm: [Der Sohn] des
David. Jesus antwortete und sagte zu ihnen: Wie kann David ihn unter dem Einfluss
des Geistes demnach Herr nennen, wenn er sagt: Der Herr sagte meinem Herrn:
Setze dich zu meiner Rechten?“, als sei er dem Fleisch nach in jeder Hinsicht Davids
Sohn, der Gottheit nach jedoch Herr), ist es richtig und der evangelischen Über‐
lieferung angemessen zu bekennen, dass der Leib also ein Tempel der Gottheit des
Sohnes ist, ein Tempel, der [mit ihr] in einer hervorragenden und göttlichen Verbin‐
dung geeint ist, so dass die göttliche Natur sich das zu ihm Gehörende zu eigen
macht. Dem Begriff der Aneignung aber auch die Eigenheiten des verbundenen Flei‐
sches aufzubürden, die Geburt, das Leiden und das Sterben meine ich, ist, mein Bru‐
der, entweder Ausdruck irrender, den Hellenen entsprechender Denkweise oder einer,
die an der Krankheit des geistesgestörten Apolinarios und Arius und der übrigen Hä‐
resien leidet, eher aber etwas noch Schwerwiegenderes als jene Dinge. Denn es ist
unumgänglich, dass jene, die durch den Begriff der Aneignung fehlgeleitet werden,
den Gott-Logos wegen der Aneignung auch mit der Ernährung durch Milch assozi‐
ieren, ihn an allmählichem Wachstum und der Verzagtheit im Moment des Leidens
teilhaben und Hilfe durch Engel bedürfen lassen. Und ich verschweige die Be‐
schneidung, das Opfer, den Schweiß und den Hunger, was im Fleisch, da es unseret‐
wegen geschieht, als ihm anhaftend verehrungswürdig ist. Wenn diese Dinge jedoch
für die Gottheit angenommen werden, sind sie auch falsch und verdienen für uns als
Ankläger gerechte Verurteilung.