CV7: Kyrills Rede über den rechten Glauben an Theodosius

Inhalt: Kyrill widmet Kaiser Theodosius II. eine ausführliche Darstellung des rechten Glaubens. Zu diesem Zweck beschreibt er zunächst in knappen Worten die wichtigsten Häresien, die im Reiche umgehen, um sie anschließend zu widerlegen. Während er die meisten dieser Lehren dabei relativ zügig abhandelt, verwendet er viel Zeit darauf, sich mit der zuletzt vorgestellten, einer dyophysiti­schen Lehre, wie sie Nestorius vertritt, auseinanderzusetzen, wobei er seine eigene Auffassung, die er dieser gegenüberstellt, immer wieder vor Fehlinterpretationen zu schützen versucht.

Edition: Collectio Vaticana 7, ACO I,1,1 S. 42–72; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 45–105; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 613–672; Mansi, Bd. 4 Sp. 617–680; PG 76, Sp. 1133–1200; Pusey (1965 [= 1868–1877]), Bd. 7 S. 1–152

Verzeichnisnummern: CPG 5218

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 430

Lat. Übersetzungen:  –

Literatur: van Loon (2009), S. 419–433

(26) Als er ihn aber Sohn Gottes nennt, sagt er auch, dass er der Nachkommen­
schaft Davids entstamme, und bekräftigt, dass er als Sohn Gottes berufen sei. Wie, sag
mir, kann nun der Davids Nachkommenschaft Entsprossene Gott sein?
Und auf
welche Weise wurde denn jener, der vor den Zeiten und ewig Sohn ist, insofern er aus
Gott hervorgetreten ist, als Sohn Gottes eingesetzt, als ob er zum Anfang des Seins
gebracht worden wäre? Er sagte ja über sich selbst: „Der Herr sprach zu mir: ‚Du bist
mein Sohn, ich habe dich heute gezeugt‘“,
obwohl der Begriff ‚heute‘ für uns nie den
vergangenen, sondern vielmehr den gegenwärtigen Moment bezeichnet. Das Geheim­
nis ist tiefgründig,
jedoch für jene, die separierend bestimmen und abgrenzen, kaum
verständlich und wahrhaft unzugänglich. Für jene allerdings, die den Immanuel zur
Einung zusammenschnüren, liegt die unverfälschte Kenntnis der heiligen Lehren in
greifbarer Nähe zur Gänze bereit. Denn der mit dem Erzeuger gleich ewige und vor
jeder Zeit [existente] Sohn fiel, als er zur Natur des Menschen hinabstieg, nicht davon
ab, Gott zu sein. Doch weil er das Menschliche hinzunahm, denkt man wohl zu Recht,
dass er der Nachkommenschaft Davids entstammt und eine neue Geburt in der
Menschheit erhalten hat. Das Hinzugenommene ist ihm jedoch nicht fremd, sondern
wahrhaft eigen.
Es wird daher als mit ihm eins angesehen, wie man natürlich auch die
Zusammensetzung des Menschen betrachten könnte. Denn der ist der Natur nach aus
[einander] unähnlichen Dingen zusammengeflochten, aus Seele und Leib meine ich,
die Summe aus beidem wird aber als ein Mensch wahrgenommen, so dass das gesamte
Lebewesen zuweilen allein dem Fleisch nach benannt wird, die Summe aus beidem
aber [auch] wahrgenommen wird, wenn die Seele genannt wird. Auf die gleiche Weise
werden wir es auch bei Christus selbst halten: Ein Sohn und ein Herr ist Jesus Chris­
tus schließlich, sowohl vor dem Fleisch als auch, da er als Mensch erschienen ist.

26 | 2–3 Wie … sein]

Zu Zweifeln dieser Art vgl. z.B. Diod. Tars. Contra synus. PG 33, 1560A–C.

26 | 6–7 Der … gezeugt]

Ps 2,7; vgl. Hebr 5,5.

26 | 8–9 Das … tiefgründig]

βαθὺ τὸ μυστήριον: stattdessen in De incarnatione als Einwand des B-Sprechers: διηπόρηκα μὲν οὐ μετρίως ἐγώ, φαίην δ’ ἂν ὅτι δυσέφικτον κομιδῇ καὶ πολλοῖς ἑτέροις τὸ συνιέναι δύνασθαι τουτί (ich bin ziemlich ratlos, möchte aber anmerken, dass auch für viele andere sehr schwer zu erreichen ist, das verstehen zu können).

26 | 11 zusammenschnüren]

Vgl. oben Anm. zu CV7,6,24.

26 | 12–17 Denn … eigen]

Zit. im Flori­legium Cyrillianum 147.

26 | 17–24 Es … ist]

Interessanterweise greift auch Theodoret in seiner Widerlegung der kyrillischen Anathematismen auf die hier ausgebreitete Analogie (Seele/Leib ≈ Gottheit/Menschheit) zurück, zieht aber dort den umgekehrten Schluss daraus, nämlich den, dass, wenn es legitim ist, beim Menschen die beiden Elemente zu definieren, dies auch beim Inkarnierten gestattet sein sollte (vgl. CV169,25, ACO 1,1,6 S. 117,18–21).

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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