CVer2: Coelestins Brief an Nestorius

Inhalt: Coelestin stellt die Verderbtheit des Nestorius vor dem Hintergrund von dessen Amtsvorgängern heraus. Er hebt den Gegensatz zwischen dem erwünschten und dem tatsächlichen Verhalten des Kollegen hervor. Mit dieser dritten Ermahnung – nach den zwei vorangegangenen durch Kyrill – fordert der Papst Nestorius auf, zum rechten Glauben zurückzukehren und seine Irrlehren schriftlich zu widerrufen. Andernfalls könne er sich als aus der Gemeinschaft ausgeschlossen betrachten.

Edition: Collectio Veronensis 2, ACO I,2 S. 7,1–12,18; ältere Edd.: Coustant (1967 [= 1721]), Sp. 1113–1130; Mansi, Bd. 4 Sp. 1025–1036; PL 50, Sp. 469–486

Verzeichnisnummern: Jaffé (2016–2020), Nr. 829; CPL 1652, vgl. CPG 8639

Verfasser: Papst Coelestin I.

Datierung: 10. August 430

Griech. Übersetzungen: Collectio Vaticana 10, ACO I,1,1 S. 77–83

Weitere lat. Fassungen: Gesta Constantinopolitana, ACO IV,1 S. 155–159

Literatur: Caspar (1930–1933), Bd. 1 S. 397–399; Camelot (1963), S. 47; Vogt (1975), S. 90–93; Fraisse-Coué (1996), S. 587f.; Gori (2000), S. 411f.; Wessel (2004), S. 109f.; Krannich (2005), S. 118f.; Sieben (2014–2015), Bd. 3 S. 754–773; Bevan (2016), S. 133; Price/Graumann (2020), S. 133f. u. 137–145

Desselben Papstes Coelestin Brief vor dem Konzil an den Bischof von Konstantinopel Nestorius:

(1) Bischof Coelestin [sendet] dem Bischof von Konstantinopel Nestorius [seinen
Gruß].

Für etliche Zeit unseres Lebens herrschte nach der gottlosen und oft verurteilten
Lehre des Pelagius und Caelestius Ruhe in Bezug auf den katholischen Glauben, nach­
dem der Westen und der Osten diese zusammen mit den Anhängern ihrer Streitsucht
mit dem Geschoss eines einhelligen Urteils niedergestreckt hatten. Zuletzt verfolgte
Attikos heiligen Angedenkens, ein Lehrer des katholischen Glaubens und wahrhaft
Nachfolger des seligen
Johannes auch in dieser Hinsicht, diese des gemeinsamen Kö­
nigs
wegen so, dass ihnen nicht einmal die Genehmigung, sich dort aufzuhalten, erteilt
wurde.
Nach seinem Tod bestand unsere Sorge in höchstem Maße fort, als wir zu
wissen verlangten, ob sein Nachfolger ihm auch in seinem Glauben nachfolgen werde,
weil es schwierig ist, etwas Gutes fortzusetzen. Denn diesem folgt oft im Wechsel
Widriges.

Nach diesem [sc. Attikos] hatten wir in dem heiligen Sisinnius, der uns alsbald [wie­
der] verlassen musste, einen seiner Einfachheit und seiner Heiligkeit wegen gepriese­
nen Kollegen, der den Glauben verkündete, auf den er [vor Ort] getroffen war. Seine
einfache Heiligkeit und heilige Einfachheit hatte wahrlich [in der Heiligen Schrift] ge­
lesen, „dass sie mehr [Gott] fürchten als tief verstehen solle“, und anderswo, „dass das
Höhere nicht erforscht werden soll“,
und wiederum: „Wenn jemand etwas anderes ver­
kündigt, als wir verkündigt haben, sei er verflucht.“

1 | 16 vor … Konzil]

Coelestin hat sich im Nestorius-Streit dreimal mit jeweils mehreren Briefen zu Wort gemeldet, das erste Mal unmittelbar nach der römischen Synode vom 10. August mit vier Schreiben (CVer1 [Dok. 29], CVer2 [Dok. 30], CVer5 [Dok. 31], CVer6 [Dok. 32]). Bei zwei von ihnen (CVer2, CVer5) findet sich in der Briefüberschrift, die wahrscheinlich von demjenigen stammt, der die Col­lectio Veronensis in die heute vorliegende Form gebracht hat, die Ergänzung ante synodum. Gemeint ist mit diesen Worten wohl die Zeit vor dem ephesinischen Konzil, vielleicht sogar noch spezieller die Phase vor dessen Einberufung. Die zweite Gruppe umfasst die Briefe CVer7–CVer10. Da Coe­lestin selbst nicht an dem Konzil teilzunehmen gedachte, versuchte er den Teilnehmern der sich ver­sammelnden Synode und dem Kaiser mit diesen Briefen zu signalisieren, wie die Entscheidung in Bezug auf Nestorius aus römischer Sicht auszufallen habe. Die dritte Gruppe schließlich (CVer23–CVer26) ist nach den Ereignissen in Ephesus entstanden. Coelestin drückt hier seine Freude über die Verurteilung des Nestorius und die Einsetzung Maximians als dessen Nachfolger aus. In den einleitenden Worten zu den drei ersten Schreiben findet sich die Formulierung post synodum, in CVer26 heißt es: post damnationem Nestorii ad sanctam synodum Ephesenam scripta. Der Sammler hat offenbar großen Wert darauf gelegt, in seinen Briefüberschriften den Zeitpunkt des Entstehens der Schreiben im Verlauf des Konzilgeschehens festzuhalten, wohl um ihre Relevanz für den Prozess der Entscheidungsfindung hervorzuheben. Price/Graumann (2020, S. 9) machen im Zusammenhang mit den zahlreichen Papstbriefen innerhalb der Veronensis auch auf die rahmende Platzierung einiger von ihnen (die Coelestin-Briefe CVer1f. u. 5f. am Anfang und die Sixtus-Briefe CVer30f. am Ende) aufmerksam. Damit wolle der Sammler den Einfluss Roms auf das Konzilsgeschehen hervorheben und die parallele Wirkkraft der damaligen Päpste Coelestin und Sixtus sowie des späteren Papstes Vigilius (sed. 537–555) im Dreikapitelstreit untermauern.

1 | 7–11 Zuletzt … wurde]

Zu der im Jahr 425 erfolgten Vertreibung der Pelagianer aus Konstantinopel äußert sich auch Marius Mercator in CPal36,44 – 50, ACO I,5 S. 66,24–28 (Dok. 17). Vgl. außerdem Wermelinger (1975, S. 137f. mit Anm. 15 u. S. 253) sowie Lössl (2001, S. 294f. mit Anm. 249).

1 | 8 At­ti­kos]

Erzbischof von Konstantinopel (sed. 406–425).

1 | 9 Johannes]

D.h. Johannes Chrysostomos, Erzbischof von Konstantinopel (sed. ca. 398–404).

1 | 9–10 Kö­nigs]

D.h. Christus.

1 | 15 Sisinnius]

D.h. Sisinnius I., Erzbischof von Konstantinopel (sed. 426–427).

1 | 19 dass‌¹ … solle]

Röm 11,20, vgl. auch 1 Tim 6,17.

1 | 19–20 dass‌² … soll]

Sir 3,22.

1 | 20–21 Wenn … verflucht]

Gal 1,8f.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

Impressum

Förderung und Partner

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
  • Universität Bonn
  • Universität Bern
Logo DFG
Logo Universität Bonn
Logo Universität Bern