CV149: Kyrills Rede an die Augustae über den Glauben

Inhalt: Kyrill richtet sich in seinem Schreiben nach seiner Rede ‚Ad dominas‘ (Dok. 40) ein zweites Mal an von ihm als ‚Kaiserinnen‘ angesprochene Adressatinnen, um diese in ihrem rechten Glauben zu bestärken. Zu diesem Zweck führt er, geordnet nach verschiedenen Glaubensfragen, eine Vielzahl von Zitaten aus den neutestamentlichen Schriften an, mehrheitlich solche, die auch eine Interpretation im Sinne einer nestorianischen Christologie zulassen. Diese kommentiert er dann jeweils unmittelbar im Anschluss und deutet sie dabei entsprechend seiner eigenen Position aus, die nachdrücklich die Einheit Christi betont.

Edition: Collectio Vaticana 149, ACO I,1,5 S. 26,2–61,31; ältere Edd.: PG 76, Sp. 1336–1420; Pusey (1965 [= 1868–1877]), Bd. 7 S. 263–333

Verzeichnisnummern: CPG 5220

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 430

Lat. Übersetzungen:  –

Literatur: van Loon (2009), S. 454–474

(28) „Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kehrte sich vom Jordan ab und wurde unter
dem Geist vierzig Tage in die Wüste geführt, wo er vom Teufel versucht wurde. Und er
aß nichts in jenen Tagen, und als sie zu Ende waren, hungerte ihn.“
Es war wiederum
nötig, dass derjenige, der zu diesem Zweck in die freiwillige Entäußerung hinabgestie­
gen ist, sich für uns dem Satan, der einst gesiegt hatte, entgegenstellt und sich für ihn
gleichsam entkleidet, um uns zu Teilhabern der eigenen Fülle zu ernennen und zu
zeigen, dass wir, die wir in Adam schwach gewesen sind, geistige Stärke besitzen. Die
leiblichen und seelischen Schwächen, die der Natur des Menschen im Erstgeformten
zuteil geworden sind, haben nämlich in Christus ein Ende gefunden. Denn wie wir, die
Masse, durch dessen Gehorsam gerecht geworden sind, obwohl wir durch den Unge­
horsam jenes [Menschen] die Verurteilung erlitten haben,
so sind wir durch die an
Christus wahrgenommene Kraft, also die geistige, wiederum dem Schaden, der in der
ersten Schwäche lag, entkommen, und diejenigen, die in Adam gefallen waren, haben
in Christus gesiegt. Er stellt sich also für uns als Mensch entgegen und siegt auf
göttliche Weise. Und er wird versucht, indem der Satan ihn wie einen aus unseren
Reihen anfällt und glaubt, das die mangelnde Widerstandskraft des Fleisches mit ihm
zusammen den Versuchten bezwinge. Er [sc. der Satan] zieht sich jedoch beschämt
zurück, weil die Natur des Menschen ihm in Christus eine neue Rolle zuweist und das
Gesetz der Sünde, das in den Gliedern des Fleisches wütete, für sie gestorben ist. Es
wurde schließlich in Christus zunichte gemacht.

Nachdem er in reichlichem Maße gefastet und durch eine gottgeziemende Kraft
das Fleisch ohne Trank und Speise unversehrt gehalten hat, lässt er es endlich zu, das
ihm [sc. dem Fleisch] Eigentümliche zu erfahren. Es heißt nämlich, dass er Hunger
verspürt habe. Doch aus welchem Grund? Auf dass durch beides erkannt werde, dass
er auf kunstvolle Weise als Gott und gleichzeitig auch als Mensch existiert, als ein und
derselbe selbstverständlich, auf göttliche Weise über uns und auf menschliche Weise
uns entsprechend. Es heißt aber, dass er durch die Kraft des Geistes in die Wüste ge­
führt wird, wobei ‚geführt werden‘ nicht ‚fortbewegt werden‘ bedeutet, sondern viel­
mehr ‚verweilen‘ oder ‚ausharren‘, wie es selbstverständlich sehr häufig auch über uns
gesagt wird. Irgendjemand führt sich selbst zum Beispiel richtig, das heißt er lebt und
waltet untadelig. Er wandelte also in der Wüste umher oder verbrachte seine Zeit
[dort] nicht auf leibliche Art. Denn ohne Trank und die für die Leiber notwendige
Nahrung blieb er wie durch eine Kraft des Geistes, die über eine Natur wie die unsere
hinausgeht, standhaft im Fasten. Betrachte indes Folgendes. Die Bedeutung des Ge­
dankens ist nämlich überaus hilfreich: Er wurde nicht vor der heiligen Taufe versucht
und auch nicht vom Geist in die Wüste geführt, weil er uns damit ein Beispiel gibt. Es
ist nämlich jenen, die noch nicht getauft sind, nicht möglich, den Angriff des Satans,
der kaum zu ertragen ist, kraftvoll aushalten oder eben [sein Leben] geistig führen zu
können. Die Zeit, die sich für solch glänzende und bewundernswerte Taten eignet, ist
die nach der heiligen Taufe. Da wir nämlich auf diese Weise durch die Teilhabe am
Heiligen Geist gestärkt sind und durch die himmlische Gnade ein Siegel erhalten
haben, werden wir auf die Stärke, die geistige selbstverständlich, hin ausgerichtet und
für den Satan nicht zu packen sein und wie durch eine Kraft des Geistes fortleben, da
wir es wie einen wüsten Ort für uns in Anspruch genommen haben, den weltlichen
Lärm hinter uns zu lassen. Für den in jeder Hinsicht mächtigen Logos ist es also
schlechterdings eine Kleinigkeit, den Satan zu besiegen, für uns hingegen ist es
gewaltig, dies durch seine Menschwerdung zu erreichen, wie auch zur Unvergäng­
lichkeit hin erneuert zu werden. Wie wir nämlich durch seine Auferstehung stärker als
das Verderben geworden sind, so haben wir durch den Sieg in der Versuchung noch
einmal gewonnen.

28 | 1–3 Jesus … ihn]

Lk 4,1f.

28 | 9–11 Denn … haben]

Vgl. Röm 5,19; s. auch oben CV149,20,3 – 5.

28 | 19–20 Es … gemacht]

Vgl. Hebr 2,14; s. auch oben CV149,9,2 – 3.

28 | 43 wie … Geistes]

Vgl. oben CV149,28,33.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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