(6) Ich freue mich, sagte er nämlich, wenn ich euren Eifer sehe. Eben da ist der
Beweis der Abscheulichkeit des von diesem Elenden Gesagten. Wozu nämlich zwei
Geburten gehören, dazu gehören zwei Söhne. Die Kirche kennt aber einen Sohn,
Christus, den Herrn.
Auf überaus törichte Weise hat er nun die Prämisse seiner Überlegungen zu diesem
Thema hervorgebracht, als er sagte: ‚Wozu nämlich zwei Geburten gehören, dazu
gehören zwei Söhne.‘ Indem wir aber die darin liegende Spitzfindigkeit übergehen,
wollen wir inzwischen – ja, machen wir uns ans Werk – sammeln, was sich aus der
genauen Untersuchung für das Ziel der Rede ergibt. Er hat [es] also für unannehmbar
erklärt und sagt, dass eine [Geburt] von uns bekannt werden müsse, auf dass wir nicht
zwei Söhne denken, als ob es nötig sei, dass, wenn es zwei Geburtsvorgänge geben
sollte, auch zwei Söhne eingeführt werden. Soll er [doch] vortreten und uns darüber
aufklären, welche der Geburten er denn akzeptiert: die vorzeitliche aus dem Vater,
nach welcher der Logos noch nicht Fleisch gewordener Gott war, oder eben die
neulich geschehene durch eine Frau. Wenn er nun allein jene nennen wird, die vorzeit‐
liche aus dem Vater meine ich, sollte jener, der aus ihm der Natur nach [Gezeugte],
auch allein Sohn sein, obwohl er noch nicht des Fleisches und Blutes teilhaftig
geworden ist. Umsonst wird dann, wie es scheint, das Geheimnis der Menschwerdung
verkündet, und er [sc. der Logos] hat sich auf keine Weise entäußert und ist auch
nicht in die Gestalt eines Knechtes gelangt, sondern so geblieben, da er die wahrhafte
Vereinigung mit dem Fleisch bisher noch vermieden hat. Doch 〈wenn〉 der eben in den
letzten Momenten aus einer Frau [Geborene] allein Sohn genannt werden sollte und
wir auch ausschließlich ebendiese Geburt durch eine Frau akzeptieren, hat sich der aus
Gott, dem Vater, [gezeugte] Logos unweigerlich davon entfernt, der Natur nach Sohn
zu sein.
Doch der Gottgefällige sieht vermutlich in vollem Umfang die Absurdität der Ge‐
danken und das allzu sehr der Gottlosigkeit Zugewandte. Um also den Königsweg zu
beschreiten, sagen wir, dass es zwei Geburtsvorgänge gegeben hat, aber der durch
beide [hervorgebrachte] Sohn einer ist: der aus Gott [gezeugte] Logos, als er noch
nicht ins Fleisch gekommen war, derselbe dann später, als er Fleisch geworden war
und unseretwegen die Geburt durch eine Frau dem Fleisch nach erduldet hatte. Wenn
er nämlich über Menschen gesagt hätte, dass es in jedem Fall nötig sei, zwei Söhne zu
denken, wenn wir zwei Geburten erwähnen, hätte er wohl richtig gesprochen und es
wäre wahr. Da aber das Geheimnis Christi und das Prinzip der Menschwerdung einen
anderen Weg kennen und nicht in den [Kategorien], die uns entsprechen, betrachtet
werden, warum ertappt man ihn [dann] dabei, wie er auf unsere Gewohnheiten blickt,
dann den Sinn auf unbegreifliche und den Begriff übersteigende Dinge richtet und in
einen überaus schwächlichen und dummen Mangel an Glauben verfällt?
Was mich aber außerdem noch verwundert, ist Folgendes: Obwohl er hier nämlich
bekennt, dass die Kirche einen Sohn kennt, und ‚Christus, den Herrn‘ hinzugesetzt
hat, beachtet er das einen nicht mehr. Er trennt ja die geeinten [Elemente] voneinan‐
der und bestimmt jedes von beiden separat, [und zwar] nicht, indem er untersucht,
was der Logos der Natur nach ist, was aber auch das Fleisch, sondern vielmehr, indem
er Mensch und Gott auf Grundlage einer ausschließlichen Gleichheit an Ehre, wie er
jedenfalls glaubt, zu einem zusammenbringt, was aber vollkommen unglaubwürdig ist,
vielmehr sogar unmöglich und das Ansehen des Geheimnisses bis zur Verunstaltung
erschüttert. Er sprach aber folgendermaßen: