CV7: Kyrills Rede über den rechten Glauben an Theodosius

Inhalt: Kyrill widmet Kaiser Theodosius II. eine ausführliche Darstellung des rechten Glaubens. Zu diesem Zweck beschreibt er zunächst in knappen Worten die wichtigsten Häresien, die im Reiche umgehen, um sie anschließend zu widerlegen. Während er die meisten dieser Lehren dabei relativ zügig abhandelt, verwendet er viel Zeit darauf, sich mit der zuletzt vorgestellten, einer dyophysiti­schen Lehre, wie sie Nestorius vertritt, auseinanderzusetzen, wobei er seine eigene Auffassung, die er dieser gegenüberstellt, immer wieder vor Fehlinterpretationen zu schützen versucht.

Edition: Collectio Vaticana 7, ACO I,1,1 S. 42–72; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 45–105; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 613–672; Mansi, Bd. 4 Sp. 617–680; PG 76, Sp. 1133–1200; Pusey (1965 [= 1868–1877]), Bd. 7 S. 1–152

Verzeichnisnummern: CPG 5218

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: 430

Lat. Übersetzungen:  –

Literatur: van Loon (2009), S. 419–433

(16) Da wir aufs Beste darin geübt sind, mit Freuden hinter der Wahrheit her zu
jagen, werden wir gewiss auch jene nicht loben, die sagen, das mit dem Logos geeinte
Fleisch entbehre der vernunftbegabten Seele. Denn sie bringen den Logos in die Welt,
indem sie ihn mit bloßem Fleisch, welches eine lebendige und wahrnehmungsfähige
Regung besitzt, umkleiden, und weisen die Wirkkraft des Verstandes und der Seele
dabei dem Einziggeborenen zu. Sie schaudern nämlich aus unerfindlichen Gründen
davor zurück
zu bekennen, dass der Logos der Natur nach mit menschlichem Fleisch,
welches mit einer vernunftbegabten Seele beseelt ist, geeint ist,
wobei sie nicht den
geringsten Wert auf die Überlieferung des ursprünglichen und uralten Glaubens legen
und sich stattdessen törichterweise entschieden haben, allein ihrem eigenen Willen
und menschlichen Erwägungen folgen zu müssen, und wahrhaftig
an dem, was zu
denken ist, vorbeidenken.

Und worin ist nun für sie diese Lehre begründet? Ich werde es erklären: Wir sind
der Meinung, dass
der ‚Mittler zwischen Gott und den Menschen‘ den Schriften nach
aus der uns entsprechenden, sich ihrem eigenen Maßstab nach im Zustand der Voll­
kommenheit befindlichen Menschheit und aus dem aus Gott hervortretenden natür­
lichen Sohn, das heißt dem Einziggeborenen, besteht. Wir sind uns aber sicher, dass
eine Art Zusammenkunft und ein über die Vernunft hinausgehender Zusammen­
schluss eingetreten sind, die zu einer Einung der ungleichen und unähnlichen Naturen
führen. Einen Christus und Herrn und Sohn erkennen wir also dennoch [nur] an, der
in einem Moment sowohl als Gott als auch zugleich als Mensch existiert und aufge­
fasst wird. Als ganz und gar unzerreißbar betrachten wir aber diese Einung gewohn­
heitsgemäß,
weil wir glauben, dass der Einziggeborene und der Erstgeborene ein und
derselbe sind: einziggeboren, da er als der aus Gott, dem Vater, [gezeugte] Logos auch
aus dessen Wesen hervorgetreten ist, erstgeboren, insofern er Mensch geworden ist
und
‚unter viele Brüder‘ kam. Denn wie ‚Gott, der Vater, einer ist, aus dem alles ist‘, so
ist ‚der Herr Jesus Christus, durch den alles ist, einer‘.
Wir erkennen nämlich den
Logos, durch den alles ist, als von Natur aus seienden Gott an, auch wenn er Fleisch,
das heißt Mensch geworden ist.

16 | 1–22,22 Da … besaß]
16 | 1–23 Da … gewohn­heitsgemäß]

Zit. im Florilegium Cyrillianum 140.

16 | 7–8 zu … ist‌²]

ψυχωθείσῃ ψυχῇ λογικῇ τῇ ἀνθρωπίνῃ σαρκὶ κατὰ φύσιν ἡνῶσθαι τὸν λόγον ὁμολογεῖν: in De incarnatione = ἀνθρώπῳ τελείως ἔχοντι, κατά γε τὸν τῆς ἀνθρωπότητος λόγον, τουτέστι τῷ ἐκ ψυχῆς καὶ σώματος ἡνῶσθαι τὸν λόγον ὁμολογεῖν ([...] mit einem vollendet gestalteten Menschen – dem Begriff der Menschheit entsprechend, d.h. mit einem, der aus Seele und Leib besteht – geeint ist).

16 | 11–12 an … vorbeidenken]

Vgl. Röm 12,3.

16 | 13 Und … begründet]

In De incarnatione dem B-Sprecher zugeordnet.

16 | 14 der‌² … Menschen]

Vgl. 1 Tim 2,5.

16 | 26 unter … Brüder]

Vgl. Röm 8,29.

16 | 26–27 Gott … einer]

Vgl. 1 Kor 8,6. Kyrill scheint hier das Pauluszitat umzudeuten. Während Paulus die Einzigartigkeit des christlichen Gottes und dessen Sohnes gegenüber der Vielzahl der paganen Götter hervorheben möchte, will Kyrill mit der zitierten Stelle die unversehrte Einheit Christi betonen. Auf gleiche Weise verfährt er in CV149,2,11 – 13, ACO 1,1,5 S. 27,5f. (Dok. 41).

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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