CV1: Kyrills Brief an die ägyptischen Mönche

Inhalt: Da ihm zu Ohren gekommen ist, dass sich in Ägypten die Lehre verbreitet, Maria, die Mutter Jesu, dürfe nicht als Gottesgebärerin bezeichnet werden, wendet sich Kyrill in einem Brief an die Mönche des Landes. Er versucht, dieser Tendenz entgegenzuwirken, indem er auf der Grundlage des Nizänums (Kap. 6) anhand zahlreicher Bibelstellen mit großem rhetorischen Aufwand darlegt, dass die Mutter Christi den ihr in Abrede gestellten Titel vollkommen zu Recht trage.

Edition: Collectio Vaticana 1, ACO I,1,1 S. 10,1–23,22; ältere Edd.: Labbé/Cossart (1671–1672), Bd. 3 Sp. 20–45; Coleti (1728–1734), Bd. 3 Sp. 585–613; Mansi, Bd. 4 Sp. 588–617; PG 77, Sp. 9–40

Verzeichnisnummern: CPG 5301

Verfasser: Kyrill von Alexandria

Datierung: Frühjahr 429

Lat. Übersetzungen: Collectio Casinensis 1, ACO I,3 S. 3–16

Literatur: Liébaert (1970), S. 35–48; McGuckin (1994), S. 245–261; Graumann (2002a), 280–299

(3) Dass euch also ein leuchtendes und bewundernswertes Leben und ein rechter
und unbestechlicher Glaube zu eigen ist, weiß ich selbstverständlich wohl. Ich bin
jedoch in großer Unruhe, da mir zu Ohren gekommen ist, dass euch gewisse gefähr­
liche Schwätzereien erreicht haben und gewisse Leute umhergehen, die euren einfa­
chen Glauben zermürben, eine Menge leerer Worte von sich geben, Verhöre anstellen
und fragen, ob die heilige Jungfrau denn eigentlich als Gottesgebärerin bezeichnet
werden darf oder nicht.
Und es wäre freilich besser, wenn ihr solche Fragen gänzlich
miedet und das, was nur mit Mühe wie in einem ‚Spiegel‘ und ‚Rätselbild‘ von jenen,
die den rechten Verstand dazu besitzen und im Geist gefestigt sind, betrachtet werden
kann, nicht von Grund auf aufwühltet (denn die sublimeren dieser Betrachtungen
übersteigen wahrlich das Fassungsvermögen der noch Reineren). Da ihr von solchen
Diskussionen aber nun einmal nicht ausgeschlossen geblieben seid und es natürlich ist,
dass einige sich entschlossen haben zu streiten und denjenigen, die im Geist nicht
gefestigt sind, den Schaden, der ihnen selbst anhaftet, wie einen Pfahl einzubohren,
dachte ich, dass es dringend nötig ist, euch ein wenig über diese Angelegenheit zu
erzählen, [und zwar] nicht, damit ihr euch noch mehr ‚um Worte streitet‘, sondern
damit ihr, falls gewisse Leute euch bedrängen, indem ihr deren leeren Worten die
Wahrheit entgegensetzt, sowohl selbst dem Schaden der Verirrung entgeht als auch
andere unterstützt, wenn ihr sie wie Brüder mit angemessenen Reden überzeugt, den
alt hergebrachten Glauben, der den Gemeinden sogar durch die heiligen Apostel
überliefert worden ist, wie eine ‚kostbare Perle‘ in ihren Seelen zu bewahren.

3 | 3–7 dass … nicht]

An dieser Stelle erhebt sich die Frage, welche Äußerungen des Nestorius und der ihm assoziierten Kleriker zur Zeit der Abfassung des Briefes bereits bis nach Ägypten vorgedrungen waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach vor diesem Zeitpunkt anzusetzen ist der Vorfall, von dem der Kirchenhistoriker Sokrates berichtet, dass nämlich ein Presbyter namens Anastasios in Konstantinopel in der Kirche gelehrt habe, dass niemand Maria Göttesgebärerin nennen solle, da sie nur ein Mensch gewesen sei und ein solcher keinen Gott gebären könne (vgl. Hist. eccl. 7,32: θεοτόκον τὴν Μαρίαν καλείτω μηδείς∙ Μαρία γὰρ ἄν­θρω­πος ἦν, ὑπὸ ἀνθρώπου δὲ θεὸν τεχθῆναι ἀδύνατον). Aber dies war nur eine mündliche Äußerung, bei der sich die Frage stellt, in welchem Umfang sie sich vor dem Bericht des Sokrates verbreiten konnte. Spätestens ungefähr zur selben Zeit wie der hier kommentierte Brief, vielleicht aber auch schon früher, wurde die Contestatio des Eusebius von Dorylaeum verfasst (CV18 [Dok. 2]; zur Abfassungszeit vgl. Price/Graumann [2020], S. 94). Diese enthält Zitate aus den sermones, die bei Loofs (Nestoriana) unter den Nummern 8, 9, 14 und 16 aufgeführt sind. Zumindest diese Predigten sollten also zu der fraglichen Zeit in jedem Fall bereits in Umlauf gewesen sein. Darüber hinaus wird die Bestimmung schwierig. Kyrill berichtet in der Praefatio zum ersten Buch von Contra Nestorium, dass dieser eine Schriftensammlung herausgegeben habe, auf die er mit seinem Werk zu reagieren gedenke (vgl. CV166,I,Praef.,86 – 100, ACO I,1,6 S. 14,28–37 [Dok. 25]). Da diese jedoch, wie es scheint, auch sermo 10 enthielt, der eine Reaktion auf Kyrills Brief an die Mönche darstellt (vgl. CV22,2,1 – 10, ACO I,1,1 S. 110,18–25 [Dok. 8]), muss sie zu einem späteren Zeitpunkt zusammengestellt worden sein.

3 | 8 in … Rätselbild]

Vgl. 1 Kor 13,12.

3 | 16 um … streitet]

Vgl. 2 Tim 2,14.

3 | 21 kostbare Perle]

Vgl. Mt 13,46.

Die Akten des Konzils von Ephesus 431. Übersetzung, Einleitung, Kommentar

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